Die Luftschlacht vom 27. September 1944 über Thüringen und Hessen - Teil 7: Der Judenfriedhof in Lauchröden - Erste zivile OpferVon Eberhard Hälbig

Die Kampfhandlungen über dem Tal der Werra forderten auf beiden Seiten ihren Tribut. In den Werrawiesen und im Wolfstal bei Lauchröden wurden besonders viele tote Amerikaner gefunden.  Sie wurden zunächst auf dem so genannten  „Judenfriedhof“, außerhalb des Ortes nahe der Rimbachs Mühle beigesetzt. 

 

Luftschlacht

Lokale Einordnung des früheren "Judenfriedhofes" bei Lauchröden, Material Hälbig.

 

Diesen Friedhof gibt es heute nicht mehr. Seine Geschichte ist weithin unbekannt und dichtes Gestrüpp mit vielen Dornen verhindert ein Begehen dieses Ortes. Und dennoch ist ein Hinweis auf seine Existenz erhalten geblieben. Verschiedene amerikanische Dokumente befassen sich mit diesem Platz.

 

Zum Beispiel gibt die Akte „Extract of Cemetery records, Lauchröden/Germany - Evacuation Number IF 9262" einen Überblick über das, was die Bergungsteams dort vorfanden. Die Situation und der Anblick müssen so furchtbar gewesen sein, dass die Amerikaner zum Ausgraben ihrer Toten, Personen verpflichteten, die dem NS Regime nahe standen.  

 

Der endgültige Belegungsplan, nachdem man weitere tote Flieger aus Gerstungen nach Lauchröden umgebettet hatte, ist noch erhalten. Hier ruhten jetzt die Überreste von fünf Besatzungen, die am 27.09.1944 mit ihren B-24 Bombern im Raum Lauchröden/Gerstungen abgestürzt waren.   

 

B-24 J AAF  # 44 – 10497, Ralph H. Pearson, 9 Mann Besatzung, 3 KIA (Killed in Action – getötet im Kampf );  B-24 J AAF # 42 – 110073, Andrew G. Seeds, 9 Mann Besatzung, 9 KIA ;  B-24 J AAF # 44 – 10490, Edgar N. Walther, 10 Mann Besatzung, 9 KIA ;  B-24 J AAF # 42 – 100308, Leslie E. Warman, 9 Mann Besatzung, 6 KIA;  B-24 J AAF # 44 -10511, James W. Schaen, 9 Mann Besatzung, 4 KIA. Hinzu kommt noch ein Flieger aus der B -24 J AAF# 42 – 50961 von Reginald R. Miner, der aber in Grebenau, Hessen zerschellte.  Das Dokument  mit den Namen der Opfer im Bild 2, wird in einem Schreiben des 95. Quartermaster Battalion an die Kriegsgräber Registrierungsbehörde der Amerikaner für Europa, mit Sitz in Berlin näher erläutert.  

Frei aus dem Englischen:         HAUPTQUARTIER des 95th QUARTERMASTER BATTALION,  Amerikanisches  Kriegsgräber Registrierung Kommando für Europa, Berlin ,Germany  APO 742-A NSK/ug 14. Oktober 1947

Zeugenbefragung Lauchröden/Germany

Ein deutscher Brief von Fr. Leinert-Furbe berichtet über zweiundzwanzig (22) amerikanische Flieger, die auf dem Friedhof in Lauchröden begraben seien. Das Massengrab, das ich vorfand, war nicht auf dem Ortsfriedhof sondern auf einem speziellen Friedhof für Ausländer, der sich auf einem Feld  außerhalb des Ortes befand. In diesem Massengrab fand ich einundzwanzig (21) Amerikaner, Angehörige der Air Force sowie ein (1) Grab eines Unbekannten polnischer Nationalität. Das deckt sich mit den Angaben von Fr. Furbe über zweiundzwanzig (22) Gräber, die sich dort befinden sollen. Es gab dort ein Kreuz mit zehn (10 ) Namen darauf und elf (11) unbekannten Fliegern, die sich alle in diesem einen Grab befanden. Während einer Luftschlacht am 27. September 1944 stürzten nach Aussage des Bürgermeisters vier (4) oder fünf (5) Flugzeuge in unmittelbarer Nähe ab. Nachdem der Kampf zu Ende war, fand man einundzwanzig (21) Tote dicht beieinander. Einige fand man im Wald, andere in den Feldern oder dicht dabei, beziehungsweise in den Wracks der Flugzeuge. Alle einundzwanzig (21) Flieger wurden von der Militärpolizei durchsucht und alle Dokumente und Erkennungsmarken sichergestellt. Die Militärpolizei hinterließ die angehängte Namensliste beim örtlichen Bürgermeister. Die Friedhof Aufzeichnungen und die Inschriften auf dem Kreuz legen nahe, das folgende Luftwaffenangehörige in dem Massengrab der einundzwanzig (21)  beigesetzt sind.  

 

Die elf (11) verbliebenen unbekannten Flieger gehören alle zu den hier in der Nähe abgestürzten Flugzeugen. Weitere Untersuchungen in Lauchröden, um zusätzliche Informationen zu dem aufgefundenen Massengrab zu bekommen, waren erfolglos.  

 

Die gefundenen und geborgenen einundzwanzig (21)Überreste der Toten waren in einem schlimmen physischen Zustand. Die Länge des Massengrabes betrug etwa 8 Meter und war am Ende etwas aufgeschüttet. Dort wurden bereits 45 cm unter der Oberfläche zwei (2) Tote gefunden. Beide waren Amerikaner. Ich befragte den Bürgermeister nach diesen zwei (2) Toten. Er konnte aber zu diesem Fall nichts weiter sagen, als das diese beiden eine Woche später oder in der ersten Woche im Oktober gefunden wurden. Leute aus dem Dorf brachten die zwei Toten zu diesem Friedhof und bestatteten sie gleich neben dem Massengrab mit den einundzwanzig (21) Opfern. Er glaubt, dass sie aus dem einen oder anderen Flugzeug stammten. Sie wurden an unterschiedlichen Stellen des Ortes gefunden. Der eine im Wald und der andere in sumpfigem Gelände etwa zwei Kilometer vom Ort entfernt. Bei beiden hatte sich der Fallschirm nicht geöffnet.

Investigating Officer, 95thQM BN AGRC  N.S.Karlinowich

Drei der namentlich identifizierten Toten auf der Liste, Luongo, Buch und Crowley gehörten zur  Mannschaft von 2nd Lt. Andrew G. Seeds. Seine B-24 J, Serial Number  42-110073, Kennung O, 703rd Bomb Squadron flog im Low Left Element der Bomber Box. Die Mannschaft bestand aus 9 Fliegern: 2nd Lt. Andrew G. Seeds; 2nd Lt. Michael J. Luongo; 2nd Lt. Thomas C. Bibb; 2nd Lt. Joseph F. Sirl; Sgt. James M. Douglas; S/Sgt. John E. Buch Jr.; Sgt. Sigmund Mischel; Sgt. James J. Crowley und Sgt. Clare L. Wheeler.

 

(Luftschlacht

Die Mannschaft von Leutnant Andrew Seeds, Material: Hälbig.

 

Dieser Bomber  wurde von zwei FW-190 in Brand geschossen. Allen an Bord war jetzt klar, das es nicht lange dauern würde, bis das Feuer sich einen Weg durch das Duraluminium hindurch suchen und der hochexplosive Treibstoff ihrem Dasein ein schnelles Ende bereiten würde. Seeds gab das Zeichen zum Aussteigen. Er und Copilot Luongo hatten bereits nach den Treffern große Schwierigkeiten, das Flugzeug zu steuern und ruhig zu halten, um der Besatzung den Absprung zu ermöglichen. Sie unterbrachen sofort die Treibstoffzufuhr zu den brennenden Motoren. Aber es war bereits zu spät. Die Flügel brachen ab und nach Sekunden, die für die jungen Flieger zur Ewigkeit  wurden, legte sich der flügellose Rumpf auf die Seite und begann aus 7000 Meter Höhe rotierend zur Erde zu stürzen. Diese Rotation war ihr Ende. Die dabei auftretenden Fliehkräfte drückten die Körper der Unglücklichen sowie Ausrüstungsgegenstände an die Decke oder den Boden des Flugzeuges.  

 

Ihnen war die Möglichkeit  genommen sich zu bewegen und sie konnten die nahen Ausstiegsluken nicht erreichen. Das Leben war draußen. Aber sie waren in ihrem Sarg aus Aluminium gefangen. Die glücklichen waren die, die bereits im Kampf getötet worden waren. Die noch lebenden schlossen mit ihrem Leben ab oder kämpften verzweifelt  gegen die Schwerkraft bis der Aufprall diesen Kampf beendete. Niemand von dieser Besatzung überlebte. Sie starben auf einem Feld am Böller nahe Lauchröden, nicht weit von Rimbachs Mühle.  

 

- Fortsetzung folgt -

 

Mihla, 28. 05. 2014