Neue Serie: Kriege im Werratal 

Krieg ist ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt, an dem mehrere planmäßig vorgehende Parteien beteiligt sind. Ziel der beteiligten Parteien ist es, den Konflikt durch gewaltsame Kämpfe und Erreichen einer Überlegenheit zu lösen. Die dazu stattfindenden Gewalthandlungen greifen gezielt die körperliche Unversehrtheit gegnerischer Individuen an und führen so zu Tod und Verletzung. Krieg schadet so auch der Infrastruktur und den Lebensgrundlagen der Parteien

 

In der historisch belegten Menschheitsgeschichte haben knapp 14.400 Kriege stattgefunden, denen ungefähr 3,5 Milliarden Menschen zum Opfer gefallen sind.

 

So ließt sich eine wissenschaftliche Definition des Krieges. Nüchterne Zahlen, die in keiner Weise die Not, das Elend und die Leiden der davon betroffenen Menschen zum Ausdruck bringen.

 

Seit es den denkenden Menschen gibt, gehören Kriege beinahe zum Alltag. Immer geht es um mehr Gebiet, mehr Einfluss, mehr Macht. Und immer sind die Menschen, die an den Kämpfen beteiligten und geschädigten Soldaten, aber auch deren Angehörige und  die Zivilisten die Betroffenen. Kriege haben nie Gewinner, immer nur Verlierer…

 

In der Geschichte der Werraregion sind Kriege die ständigen Begleiter der Menschen gewesen. Zwar gab es in unserer Gegendvergleichsweise wenig Kampfhandlungen, aber die günstige Verkehrslage unweit der alten Heerstraße zwischen West und Ost, der „Königsstraße“, und an den Passübergängen des Hainichs gelegen lockten immer wieder feindliche Heerscharen an. Unsere Region litt daher besonders unter den  Folgen der Kriege, unter Einquartierungen und Plünderungen.

 

Auswirkungen von Reformation und Bauernkrieg auf die Region

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts spitzten sich alle gesellschaftlichen Widersprüche noch rascher als bisher zu. Weitere Missernten und Wetterunbilden, das verstärkte Bemühen des Feudaladels, die Bauern durch immer neue Forderungen mehr auszubeuten und in ihr Allmendeland einzudringen, sowie die immer sichtbarer werdenden Missstände in der Kirche mündeten schließlich in der Reformation der Kirche und im Großen Deutschen Bauernkrieg.

 

Unser Eisenacher Gebiet wurde schon sehr früh von der Reformation erfasst. Einen großen Anteil daran hatte das Wirken des Lutheranhängers Dr. Strauß in Eisenach. Eine spätere Eintragung im Kirchenbuch gibt Auskunft, dass der seit etwa 1495 im Ort tätige Pfarrer Richardt bereits 1523 zum evangelischen Glauben übergegangen sei. Viel geändert hatte sich in diesen ersten Jahren an der Ausübung des Glaubens zunächst nicht. Auch die alte Ausstattung der Kirche wurde beibehalten. Um im Leben der Gemeinde bleibende Veränderungen im religiösen Leben hervorzurufen, bedurfte es noch eindringlicher „Visitationen" und längerer Zeit. Die erste dieser in unserer Gegend wirksam werdenden Visitationen begann im Januar 1525 unter Leitung des Dr. Strauß. Es ging in erster Linie um die Beseitigung kirchlicher Missstände und um die Einsetzung lutherischer Prediger in den Dörfern. Noch war der Widerstand groß, die Visitation musste, ohne dass sie das Mihlaer Gebiet erreicht hatte, wieder abgebrochen werden. Inzwischen traten auch die Bauern mit Forderungen auf, die Veränderungen im kirchlichen Leben auch auf ihren direkten Lebensbereich auszudehnen. Westthüringen gehörte zu den stärksten Einflussgebieten der Vorstellungen des Thomas Müntzer. Im März 1525 führte daher Dr. Strauß, diesmal mit klarer herzoglicher Vollmacht versehen, eine zweite Visitation durch, deren Schwerpunkte in den Ämtern Eisenach, Creuzburg und Gerstungen lagen. Diesmal ging es bereits darum, den Einfluss von müntzerischen Predigern zurückzudrängen. Dabei kam es in Völkershausen zum Ausbruch des Bauernaufstandes in Thüringen.

 

Zu Zentren dieses gewaltigen Aufbegehrens der Bauern wurden jene Orte, in denen Müntzeranhänger die Pfarrstellen innehatten.

Neue Serie: Kriege im Werratal 

Aufständische Bauern mit Bundschuhfahne überwältigen einen Ritter und zwingen ihn zum Beitritt zum Bauernhaufen. So ähnlich spielten sich die Szenen auch mit den Herren von Harstall und Hopffgarten in den Dörfern der Region ab. Zeitgenössische Darstellung des frühen 20. Jahrhunderts, Sammlung Verfasser.

 

Im Rhöngebiet, an der oberen Werra und in Creuzburg sowie in den Lupnitzdörfern strömten

hunderte Bauern zu den sich formierenden Bauernhaufen, dessen stärkster der Werrahaufen wurde. Im Gegensatz zu Falken, Bischofroda, Berka oder Creuzburg gehörte Mihla nicht zu den Siedlungen, in denen es zu solchen Unruhen kam. Eine Ursache hierfür könnte darin liegen, dass der Ort, sicher nicht ohne das Einverständnis des Gerichtsherren Ernst von Harstall, schon so früh zum evangelischen Glauben übergegangen war. Dadurch wurde dem Aufbegehren doch die gefährliche Spitze genommen. Leider gibt es kaum Nachrichten, was sich in jenen bewegten Tagen, als die Entscheidung über den Ausgang des Aufstandes vor Eisenach, Frankenhausen und Mühlhausen fiel, in den Dörfern unserer Region abspielte. Wir müssen davon ausgehen, dass der regionale Adel, also die Harstalls in Mihla, Georg und Wilhelm von Hopffgarten in Frankenroda, Ebenshausen und Nazza sowie in Lauterbach, Jörg und Christoph von Creuzburg in Scherbda und Bischofroda, vom Aufstand zunächst überrascht wurden. Ob und welche Forderungen die Bauern den Grundherren gegenüber vorbrachten, wissen wir nicht. Nachdem aber die Mehrzahl der zum Kampf entschlossenen Bauern nach Creuzburg oder Eisenach abgezogen war - die Creuzburg, auf der sich Adlige verschanzt hatten, wurde nicht angegriffen -, erlangten die adligen Barone in den Dörfern bald wieder die Oberhand. Schriftliche Aufzeichnungen über die Vorgänge werden erst fassbar, als der Aufstand verloren war und der Adel an die Abrechnung mit den Aufständischen ging. Sehr schnell wurden Strafgeldregister aufgestellt, die den am Aufstand beteiligten Bauern harte Geld- und Naturalzahlungen auferlegten. Das erste in Thüringen aufgestellte Strafgeldregister stammt vom 15. Mai 1525 aus Frankenroda. Es beinhaltete die Zahlung von 30 Florentiner Gulden und 5 Stück Rindvieh. Während man lange Zeit davon ausging, dass die genaue Zahl der am Aufstand Beteiligten nicht durch die Register ermittelt werden könne, erbrachte die neueste Forschung andere Ergebnisse. Die Strafgelder wurden nicht unterschiedslos auf die einzelnen Gemeindemitglieder gelegt, sondern die tatsächliche Beteiligung am Aufstand spielte die entscheidende Rolle. Oft wurden die Listen auf Anweisung des Ortsadligen oder des Amtmannes aufgesetzt.

 

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Bauernkanzel bei Probsteizella

 

Am 1. 6. 1525 wurde den Dörfern in Großenbehringen das Urteil verkündet. Die erste Frist musste bis Trinitatis (11.6.) gezahlt sein. Das bedeutete für die Bauern, dass ihnen das Vieh bzw. das Geld sofort nach der Verkündung abgenommen wurde.

 

Von Mihla wurden „300 Gulden von dem Dorf Mila, Ernsten von Horstais Menner ..." gefordert. Diese 300 Gulden müssen im Verhältnis zur Ortsgröße und zu den Strafgeldforderungen der umliegenden Dörfer gesehen werden, um ein richtiges Bild zu bekommen. Frankenroda musste 30 Gulden und 5 Kühe, Ebenshausen die gleiche Menge, Scherbda 40 Gulden und 8 Kühe, Lauterbach 30 Gulden und Bischofroda 150 Gulden zahlen. Dies bedeutet, dass mit einer starken Teilnahme Mihlaer Bauern am Aufstand gerechnet werden muss. Die „Aufstandszentren" in unserer Gegend, so Großenlupnitz (etwa gleiche Größe wie Mihla) und Marksuhl, mussten 800 Gulden und 40 Rinder bzw. 300 Gulden zahlen, was diese Annahme bestätigt.

 

Für manche Bauern in Mihla bedeutete die anteilmäßig zu erbringenden, uns aber nicht bekannten Summen, eine schwere finanzielle Belastung. Ein Stück Rindvieh wurde damals mit etwa 2 Gulden berechnet. Alle Anforderungen an die Gemeinde wurden bezahlt. Gemeinsam mit anderen Adelsdörfern aus den Ämtern Eisenach, Creuzburg, Salzungen und Gerstungen erfolgte die endgültige Verrechnung aller Strafgelder am 19. 8. 1527 in Eisenach: „Der vom adel dörfer auf cantzley Schrift im amt Eisenach, seshaftig Ernst von Harstalls dorf Meyla: 300 Fl., davon bezahlt 100 Fl. Trinitatis, 100 Fl. Weihnachten und den Rest zu Michaelis."

 

Rainer Lämmerhirt

 

 

Mihla, 29. 01. 2015