Burg Ludwigstein bei Witzenhausen 

Das Werratal ist vor allem im Mittel- und Unterlauf sehr romantisch. Obwohl Radwege und Wasserwandern den Fluss seit dem Wegfall der innerdeutschen Grenze seine frühere Bekanntheit wieder zurückgebracht haben, ist der Werra als Burgenland bisher wenig Beachtung geschenkt worden. Da ist in Deutschland wohl das Rheintal führend. Aber das Werratal kann diesbezüglich durchaus mithalten! Von der Quelle bis zur Mündung reihen sich Burgen und Schlösser aneinander, einige sind bekannt und touristisch gut erschlossen, andere Ruinen oder bisher wenig in die Öffentlichkeit getreten.

 

Kaum weniger bekannt als Burg Hanstein ist ihr hessisches Gegenstück, die heute als Jugendburg bekannte Burg Ludwigstein. Sie wurde als Gegenburg zur thüringischen Feste errichtet und beide Burgen gehören als "Perle des Werratales" zusammen. Ein gemeinsamer Besuch bietet sich an.

 

Die Burg wurde ab Sommer 1415 unter Landgraf Ludwig I. von Hessen zum Schutz der umstrittenen Grenze gegenüber dem kurmainzischen Eichsfeld und der mainzischen Burg Hanstein erbaut. Ob es bereits eine frühere Befestigung an gleicher Stelle gab, ist nicht erwiesen.

 

Burg Ludwigstein bei Witzenhausen

 

Die Burg war bis 1664 Sitz eines hessischen Amtmanns und Mittelpunkt der Verwaltung und Gerichtsbarkeit im hessischen Werra-Gebiet, hatte jedoch nie überregionale Bedeutung. Hans von Dörnberg, vorher hessischer Marschall und Amtmann in Homberg an der Efze, wurde am 28. April 1416 erster Amtmann des neuen Amts Ludwigstein und des 1361 zum ersten Mal erwähnten Amts Witzenhausen. Zum Amt gehörten nach einem Verzeichnis von 1466 Ländereien und Einkünfte in den Dörfern Oberrieden, Wendershausen, Hilgershausen, Hundelshausen, Weißenbach, Roßbach, Kleinalmerode, Bischhausen und in Witzenhausen; im 16. Jahrhundert kamen weitere Dörfer um Witzenhausen, Eichenberg und Friedland hinzu. Auf Hans von Dörnberg folgte eine Reihe hessischer Adliger - darunter Mitglieder der Familien Berlepsch, Herda, Boyneburg, Buttlar, Diede, Hanstein, Meysenbug und Steinberg. Zeitweise waren diese auch Pfandinhaber der Burg, Unter ihnen war Hans von Dörnberg (1427-1506), der gleichnamige Sohn des ersten Amtmannes, von herausragender Bedeutung; er war 1462-1497 hessischer Hofmeister.

 

Von 1545 bis 1574 erlebte der Ludwigstein ein kurzes Zwischenspiel als Lehen und selbständiges Adelsgericht. Als Gegengeschäft zur Versorgung von Verwandten seiner bigamistischen Zweitfrau Margarethe von der Saale übertrug Landgraf Philipp Burg und Amt Ludwigstein seinem Kammerdiener Christoph Hülsing und dessen Nachkommen als Lehen. Erst nach langen Verhandlungen gelang Philipps Sohn, Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, der Rückkauf dieses Besitzes. Danach wurde die Burg wieder Sitz hessischer Amtmänner, zumeist bürgerlicher Beamter.

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Burg weitgehend verfallen. 1913 fand auf dem nahe gelegenen Meißner - der fortan offiziell „Hoher Meißner“ hieß - der Freideutsche Jugendtag statt. So erhielt die Region, die schon lange als das Märchenland der Brüder Grimm bekannt war, für die Jugendbewegung eine besondere Bedeutung. Es entstand der Entschluss, die leer stehende Burg zu erwerben und zu einem räumlichen wie geistigen Mittelpunkt für die jugendbewegten Gruppen auszubauen. Dieser Plan konnte jedoch erst nach dem 1. Weltkrieg umgesetzt werden. Die Nazizeit sah dann die Burg als Schulungszentrum der Nazijugendbewegung.

 

Burg Ludwigstein bei Witzenhausen 

Der Blick geht durch einen Torbogen auf Burg Ludwigstein hinüber über das Werratal zum Hanstein, der thüringischen Gegenburg.

 

Nach Ende des Krieges diente die Burg zunächst als Flüchtlingslager. 1946 wurde sie dann an die wieder zugelassene Vereinigung Jugendburg Ludwigstein zurückgegeben.

 

Die Jugendbünde gründeten sich neu; so auf dem Ludwigstein 1953 zunächst der „Zugvogel“, der sich als erster Fahrtenbund zur Gewaltlosigkeit bekannte. 1966 formierte sich an gleicher Stelle der „Ring junger Bünde“. Neben den Wandervögeln fanden sich nun auch vermehrt Pfadfinderbünde und Jungenschaften ein. Das Archiv der deutschen Jugendbewegung wurde wieder errichtet und – wie auch die Burg – 1970 in eine Stiftung überführt. Es ist heute fester Bestandteil des hessischen Staatsarchivs. Hinzu kam 1982 eine Bildungsstätte, die die zeitgemäße Fortführung der Impulse der Jugendbewegung unterstützt.

 

Anlässlich des 37. Todestages von Enno Narten kam es am 10. Januar 2010 zur Grundsteinlegung für den Enno-Narten-Bau. Dieser Anbau wurde am 15. September 2012 eingeweiht. Er ist nach Angaben der Erbauer das „größte Strohballenhaus der Republik“. Anfang 2011 wurde das Projekt von der UNESCO zum UN-Dekadeprojekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ernannt.

 

- Heimat- und Verkehrsverein Mihla e.V. -

 

 

Mihla, 21. 01. 2015