Aus der Geschichte des Luftkrieges über Thüringen:

Die Luftschlacht vom 27. September 1944 über Thüringen und Hessen, Teil 2Von Eberhard Hälbig

Am 27. September kam es über Thüringen zur letzten großen Luftschlacht des Weltkrieges in unserer Region.

Aus dem Bericht von Capt. Web L. Uebelhoer war zu erfahren:

Start war um 0620 (gemeint ist 06.20 Uhr)./ 0650 Kreisen um ?Buncher B-6?- bedeutet,  dass die Flugzeuge sich um einen bestimmten Punkt (genannt Buncher  B-6) über der Nordsee in  12000 Fuß Höhe zu sammeln hatten.

 

Die "Lucky Gordon" im Modell.

 

Nach dem Durchfliegen der Wolkenbänke wartete  dort  in strahlendem  Sonnenschein ?Lucky Gordon? auf sie ?Lucky Gordon? war eine alte, ausgediente (war weary ? kriegsmüde) B-24 D, die um sie besser sehen zu können mit orangefarbenen und schwarzen Streifen, wie ein Zebra bemalt war (Rufzeichen ?Z?  für Zebra). Am Höhenruder war ein großer weißer Kreis mit einem schwarzen F zu sehen und sie verschossen unablässig  rot/grüne Leuchtkugeln, um die Maschinen der 445th BG in einer Formation zusammenzuführen. Nachdem ?Lucky Gordon? aus den vielen Fliegern der 700th Bomb Squadron (Rufzeichen  ?Displease?), der 701st BS (?Wallet?), der 702nd BS(?Popham?) und der 703rd BS (?Bafil?) eine Combat Box, einen Kampfverband geformt hatte, kehrte er zurück nach Tibenham.

Die 445th Bomb Group bezog anschließend ihre Position  an der Spitze, gefolgt von der 389th BG und der 453rd BG am Ende und formte so erst den Verband der  Second Combat Bombardment Wing (?Wildstag?). Die 2nd CBW reihte sich nun hinter der 14th CBW (?Hardtack?) und vor der 20th CBW (?Big Bear?) ein und bildete so die Second Air Division (?Bookout?), eine Formation von B-24 Bombern, die 60 Meilen!! lang war. Um 0755 verließ dieser Verband ?Buncher B-6?./0803 überfliegen der englischen Küste./0810 Gee Fix Control Point One - erster Kurs Kontrollpunkt über der Nordsee mit anschließender Kurskorrektur und steigen auf festgelegte Flughöhe, von 0814 bis 0820. 0827 drei weitere Kursbestimmungen über dem Kanal.  0847 erreichen der Holländischen Küste, Mickey fix- Kursbestimmung durch die Führungsmaschine und Kursänderung zum CP 4 (Control  Point), Kontrollpunkt 4. Von 0858 bis 0929 gab es weitere fünf Positionsbestimmungen bis zum Erreichen des IP und wegen des starken Windes waren einige kleinere Kurskorrekturen nötig, sogenannte mid-course correction. Eine letzte Positionsbestimmung vor dem IP in der Nähe von Gütersloh ergab eine Abdrift von lediglich einem Grad. Allerdings war die ETA (Estimated Time of  Arrivel), die geschätzte Ankunftszeit der 445th BG zum Ziel 8,5 Minuten und somit 5 Minuten  ?behind the power curve?. Dieser Begriff, der aus der Fliegersprache verallgemeinert wurde bedeutet nichts anderes als  das der ?Zustand? der 445th BG in Bezug auf Ort, Kurs und Geschwindigkeit vom Rest der Division abwich und sie mindestens 5 Minuten gebraucht hätten, dies zu korrigieren, um wieder mit den anderen Bombergruppen ?synchron? zu sein. Das allein wäre aber kein Grund zur Sorge gewesen, obwohl  es ein erster Hinweis darauf sein könnte, dass der DR (Dead Reckoning) Navigator sich seiner genauen Position keines Wegs sicher war. Als aber die 445th Führungsgruppe vom IP zum Bombs away (Bomben ausklinken) und zum Group Ralley Point (Abflug von der Kampfzone) aus nicht nachvollziehbaren Gründen eine größere Kurskorrektur  vornahm als der Rest der 2nd Combat Bombardment Wing, begannen die Dinge völlig aus dem Ruder zu laufen und die Mission 650 baute das Potential eines Desaster für die 445th BG auf. Sie waren auf dem Weg nach Göttingen, wo sie ihre Bomben abwarfen und nicht über Kassel.

- Fortsetzung folgt-

 

Mihla, 18.07.2013