Historisches: Der 30jährige Krieg in der Mihlaer Region

Als 1618 die ersten Nachrichten vom Ausbruch eines Krieges in Böhmen Thüringen erreichten, war noch nicht abzusehen, welche Auswirkungen aus diesem böhmischen Aufstand erwachsen würden. Die jahrzehntelang aufgespeicherten religiösen Feindschaften sowie der erstmalig durchgeführte Einsatz großer Söldnerverbände, deren Verpflegung und Unterhalt durch die Fürsten nicht abgesichert werden konnte, führten bald zu nie gekannten Grausamkeiten unter der Zivilbevölkerung.

 

Zunächst war davon nichts zu spüren. Erstmals erlebten die Bauern in den Dörfern unserer Region die Landsknechte, als im Sommer 1620 hessische Truppen durchs Werratal nach Böhmen zogen. Zunächst glaubte man sich jedoch noch relativ sicher. Die starke Dorfbefestigung bot Schutz, zudem gab es seit einigen Jahren in Mihla eine Abteilung der herzoglichen ?Landesdefension", den sogenannten ?Ausschuß". Ihm gehörten etwa 30 Bauern an, die bewaffnet zum Dienst erscheinen mussten, von ?Trillmeistern" ausgebildet wurden und unter Befehl eines von der herzoglichen Regierung eingesetzten Fähnrichs standen.

 

Schon 1622 wurden die Landesausschüsse zusammengezogen, um Wachdienste zu versehen. Es zeigte sich, dass die Defensioner nicht in der Lage waren, gegen Landsknechte erfolgreich vorgehen zu können. Der Einfall der Halberstäder konnte nicht verhindert werden. In der Folge spielten die Ausschüsse kaum noch eine Rolle. Die Situation in unserer Region änderte sich im Herbst 1625.

 

Kaiserliche Truppen unter Feldmarschall Tilly bezogen im Eichsfeld Quartier und stießen auch ins Werratal vor. Über den Winter hin wurden auch in Mihla erstmals größere Einheiten untergebracht. Der seit 1619 im Ort tätige Pfarrer Himmel (vorher bereits Pfarrer in Marksuhl) berichtete im Kirchenbuch am 13.12.1620: ?... ist allhier ... bestattet worden 1 fremder Fuhrmann, mit nahmens Hans Opfermann,... von Kriegsleuten oder räuberischen meuten 2 Karren Rheinischen Weins beraubt und geschlagen worden, daß er hier in der Herberge davon gestorben."

 

 

Das Mihlaer Pfarrhaus und der Turm der St. Martinskirche. Das Pfarrhaus entstand schon vor dem 30jährigen Krieg. Pfarrer Himmel schrieb 1626 während der Einquartierung kaiserlicher Söldner, dass er die Kirche nicht öffnen konnte aus Angst, dass sie durch die katholischen Söldner geplündert würde. Daher musste die Kindstaufe im Pfarrhaus vollzogen werden.

 

Das ist die erste Nachricht über kriegerische Auswirkungen in Mihla, wobei offen bleibt, ob es sich bei dem auf der Straße überfallenen Händler um Räuber oder Soldaten handelte.

 

Eine zweite Nachricht, datiert vom 25.9.1623, verweist auf erste Folgen von Truppendurchzügen. Ein ?Solda-tenweib", welches die Truppen begleitete, gebar in der Mihlaer Herberge einen Jungen. Als Taufpaten bei der durch Pfarrer Himmel durchgeführten Nottaufe fungierten die Witwe Anne Marie von Seebach, geborene Harstall, und eine Jungfrau Mertgen von Goldacker. Bereits 4 Tage später verstarb das Kind.

 

Die im Herbst 1625 in Quartier gelegten kaiserlichen Truppen schleppten in Thüringen die Pest ein. In Mihla wie in den meisten anderen Orten Thüringens wütete der ?schwarze Tod" in den nächsten 2 Jahren. Trotzdem durchzogen immer neue Truppen Mihla und lagen hier im Quartier. Der Höhepunkt der Pestwelle noch 1625 forderte in Mihla 70 Todesopfer. Auch 1626 starben weitere Menschen an der Pest. Pfarrer Himmel berichtete am 23.10.1626: ?... begraben Christoph Haserten, welchen die Pest so heftig übernommen, daß er in eine phrenesia und Wahnsinnigkeit geratten, in einem grimm und Unvernunft auß dem Bette und hause gelaufen und sich in die Werre gestürzt und ertränkt; er war 43 Jahr alt."

 

 Noch vor dem Abmarsch der Truppen, die den Winter über in Mihla gelegen hatten, starb Hans Ziegenhorns Weib Unthey unter den Händen der Soldaten, die auch vor einer 60jährigen Frau nicht halt machten. Nachdem die Pest im Herbst 1626 abflaute, quartierten sich die Einheiten des kaiserlichen Obristen Cronberg im Ort ein. Abgabenforderungen und Plünderungen gehörten nun zum alltäglichen Leben der Bauern. Hinzu kam, daß die kaiserlichen Söldner meist katholischen Glaubens waren und sich daher wie im Feindesland aufführten. Die Eintragung von Pfarrer Himmel kann daher ein nur unvollständiges Bild von den Drangsalen und Leiden der Bevölkerung in jenen Tagen geben. Die Menschen wagten sich nicht mehr auf die Straße. Wochenlang konnte die Kirche nicht geöffnet werden, da man ihre Plünderung und Verwüstung fürchtete. Der Pfarrer schrieb am 16.12.1627: ? ... getauft Christoph Bechmann 1 jungen söhn ... Dieß Kind wurde in der Pfarrbehausung... getauft, dierweilen des Obristen Cronbergers Kriegsvolk allhier lagk, daß man die Kirche nicht sicher öffnen durfte."

Das alles war nur der Anfang. Kein Mihlaer ahnte wohl, welch furchtbares Leid noch folgen sollte. Dazu bald mehr.

 

R. Lämmerhirt

 

Mihla, 26.06.2013