Erinnerung

In wenigen Tagen ist es genau 200 Jahre her, da wagte der als Draufgänger bekannte preußische Husarenmajor Ferdinand von Schill allein, ohne Befehl seines Königs, den Aufstand gegen die Truppen des Franzosenkaisers Napoleon. Der Moment erschien als günstig, gerade hatte das Kaiserreich Österreich Napoleon den Krieg erklärt, in Tirol hatten sich die Bauern unter Andreas Hofer erhoben?

Doch dem Aufruf zum Aufstand gegen die französischen Truppen folgten nur wenige Freiwillige. Schill bleib allein und musste bald nach norden fliehen. Sein Heldentod im Straßenkampf von Stralsund machte ihm zum Volkshelden, noch gefährlicher für Napoleon.

200 Jahre ist das her. Damals sprach man überall von Schill. Heute ist es recht still geworden um jenen kühnen Draufgänger, der das Zeug zum Helden hatte. Wir wollen daher mit einigen Betrachtungen zu seinem Leben an ihn erinnern.

Schill entstammte einer Soldatenfamilie. Sein Vater war Kavallerieoffizier in der österreichischen, später in der sächsischen Armee. Schill trat im Alter von 14 Jahren in die preußische Armee ein und wurde 1792 zum Offizier in einem pommerschen Dragonerregiment befördert. 1806 zog er als Leutnant in den Krieg, wurde in der Schlacht bei Auerstedt durch einen Säbelhieb auf den Kopf schwer verwundet und rettete sich über Magdeburg und Stettin bis nach Kolberg , wo er sich beim Kommandanten Oberst Lucadou gesund meldete. Loucadou gestattete Schill, mit wenigen Leuten Streifzüge in die Umgebung zu unternehmen. Er sollte Verteidigungsmittel in die Festung bringen und Aufklärung betreiben. Aber Schill zeichnete sich im Kleinkrieg gegen französische Besatzungstruppen in Pommern aus. Für den gelungenen Überfall auf Gülzow am 7. Dezember 1806 wurde er vom König Friedrich Wilhelm III. noch im selben Monat zum Premierleutnant befördert und mit dem Orden Pour le Merite dekoriert. Aufforderungen seines Regimentskommandeurs, zum Regiment nach Ostpreußen zurückzukehren, ignorierte er. Schill wurde schnell berühmt und seine Truppe wuchs rasch an.

Eine bekannte zeitgenössische Zeichnung zeigt ihn als Major des 2. Brandenburgischen Husarenregimentes .

Für seine Verdienste wurde er nach dem Frieden von Tilsit vom preußischen König zum Major befördert und mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet.

Nach der Reorganisation des Staates und der Armee in den nächsten Jahren wurde Schills Reiterei als 2. Brandenburgisches Husarenregiment , dessen Inhaber der Major von Schill wurde, seine Fußtruppe als Leichtes Bataillon von Schill in die reguläre Armee eingegliedert. Am 10. Dezember 1808 rückte Schill, auf Befehl des Königs, an der Spitze aller Truppen in Berlin ein und wurde von der Bevölkerung jubelnd begrüßt.

Der jubelnde Beifall der Bevölkerung, der wiedererwachte Patriotismus und wohl auch eine gewisse Portion Selbstüberschätzung hoben den Husarenoffizier Schill über sich selbst hinaus und verleiteten ihn zu unüberlegten, mit der Armeeführung nicht abgestimmten Handlungen. In den für 1809 vorgesehenen Aufständen war ihm eine wichtige Rolle zugedacht, aber Schill wollte nicht abwarten. Vergeblich versuchte auch General Ernst von Rüchel , mit dessen Tochter Elise Schill sich verlobt hatte, mäßigend einzuwirken. Am 28. April verließ Schill - wie zum Manöver - mit seinem Regiment Berlin. Eine Meile außerhalb der Stadt hielt er seinen Soldaten eine Ansprache, die den Eindruck verstärkte, er handele in höherem Auftrag. Den Befehl der Kommandantur zur sofortigen Rückkehr beachtete er nicht.

Husaren des 2. Brandenburgischen Husarenregiments beim Angriff, Zeichnung von Richard Knötel.

Er wandte sich zunächst nach Dessau , das er am 2. Mai besetzte. Dort ließ er seinen Aufruf An die Deutschen drucken.

Die Anfang Mai eintreffende Nachricht von der Niederschlagung der Erhebung in Österreich versetzte seinem Tatendrang einen deutlichen Dämpfer, aber er ließ sich von seinen Offizieren mitreißen und lieferte sich am 5. Mai bei Dodendorf unweit von Magdeburg mit der Schlacht bei Dodendorf ein auch für die französische Seite verlustreiches Gefecht mit einer Abteilung der Magdeburger Garnison . Allerdings waren die Verluste sehr hoch. Auf Seiten des Schillschen Freikorps waren 6 Offiziere und 83 Soldaten tot oder schwer verwundet. Schill hatte damit ein Drittel seines Regiments eingebüßt. Mit Major Adolf von Lützow war auch ein enger Vertrauter Schills unter den Schwerverwundeten. Von Lützow wurde über die Elbe nach Preußen gebracht.

Die Verluste auf französischer und westphälischer Seite waren zahlenmäßig noch größer.

Am selben Tag hatte Jérôme Bonaparte , der Bruder Napoleons und König von Westphalen, einen Preis von 10.000 Francs auf seinen Kopf ausgesetzt. Der König von Preußen sprach sich scharf gegen seine eigenmächtige Tat aus.

Sein Regiment , das durch Werbung von Nachwuchs noch anwuchs, ging an die untere Elbe und von dort, durch Holländer und Dänen verfolgt, in Richtung Stralsund, dessen aus Polen und Mecklenburgern bestehende Besatzung ihm entgegenkam, aber schon bei Damgarten geschlagen wurde. Am 25. Mai rückte Schills Regiment in Stralsund ein.

In fieberhafter Eile wurde an der Wiederherstellung der 1807 geschleiften Festungsanlagen gearbeitet. Schills Truppen wuchsen durch weitere Aushebung auf 2.000 bis 3.000 Mann. Allen Mahnungen zum Trotz war Schill entschlossen, den Ort mit allen Mitteln zu halten.

Aber schon am 31. Mai 1809 wurde Stralsund von den 6.000 Mann starken Truppen des holländischen Generals Gratien und des dänischen Generals Johann von Ewald erstürmt.

Schill fiel, abseits und unbemerkt, in der Fährstraße . In der Stirn hatte er einen Schwerthieb; im Hinterkopf war er von einer Kugel getroffen. Seinen Kopf sandte man dem König von Westfalen , Napoleons Bruder Jérôme Bonaparte , als Trophäe , sein Körper wurde auf dem St. Jürgen-Friedhof verscharrt.

Der Heldentod Schills im Straßenkampf von Stralsund, Gemälde von Knötel.

Etwa 200 Reiter und einige Jäger schlugen sich durch und erzwangen die Bewilligung freien Abzugs nach Preußen, wo die Soldaten in ihre Heimat entlassen wurden. Die Offiziere des Korps wurden, teilweise in Abwesenheit, vor ein Kriegsgericht gestellt. Einige wurden freigesprochen, andere mit Festungshaft bestraft, und sechs Offiziere, die Schill erst nachträglich gefolgt waren, wegen Desertion zu unehrenhafter Entlassung aus dem Militärdienst (Kassation) verurteilt.

Schill -Denkmal in Stralsund.

Eine andere Abteilung entkam von Rügen aus zu Wasser nach Swinemünde , der Rest des Korps aber blieb im Gefecht, 543 Mann wurden gefangen genommen und nach Frankreich auf die Galeeren transportiert.

Elf gefangene Offiziere wurden nach Wesel verbracht und am 16. September 1809 standrechtlich erschossen. 1835 wurde ihnen hier von der preußischen Armee ein Denkmal errichtet. Der Desertionsprozess gegen den gefallenen Schill wurde vom König niedergeschlagen, da er ja schon tot war. Schills Vermögen dagegen wurde, wie bei Desertionen üblich, für den Staat beschlagnahmt.

- R. Lämmerhirt -

Mihla ,13.04.2009