Schlösser in Westthüringen

Das Lauterbacher "Schloss"

Zu den Herrensitzen in Westthüringen zählt auch das "Schloss" in Lauterbach, Mihlas Nachbarort und mit ihm seit der Reformation in einem Kirchspiel verbunden, allerdings vom 15. Jahrhundert an den Herzögen von Gotha und deren Linie der Wettiner zugehörig.

Auch in Lauterbach ist ursprünglich eine altadlige Familie anzunehmen. Diese frühen "Herren von Lauterbach" haben bisher keine auffindbaren schriftlichen Spuren hinterlassen. Allerdings rückte eine mittelalterliche Burganlage über dem Ort, auf einem Ausläufer des Hainichs gelegen, in den letzten Jahren in den Blick der Historiker. Noch heute lassen sich im Bereich des Lauterbacher Friedhofes die Spuren von Wallgräben und einer Sporenanlage erkennen.

Wann diese kleine Herrenburg verlassen wurde, ist nicht bekannt. Im 16. Jahrhundert kamen die nördlich des Hainichs beheimateten Herrn von Hopffgarten über das Lehen und den Besitz der Burg Haineck bei Nazza auch als Grundherren nach Lauterbach. Vermutlich nutzten sie, wenn sie sich überhaupt in diesem Ort aufhielten, einen Wirtschaftshof, der sich schon wohl damals direkt neben der St. Nikolauskirche befunden haben wird. Sicher haben vor allem herrschaftliche Verwalter in Lauterbach gesessen und die Rechte der Herren von Hopffgarten, die sich bald nach ihrem neuen Besitz "zu Haineck" nannten, wahrgenommen. Lauterbach gehörte mit den weiteren Gothaer Orten Neukirchen, Ebenshausen, Frankenroda, Nazza und Hallungen zum Amt Haineck. Allerdings gab es bis in das 18. Jahrhundert hinein in diesen Amtsdörfern weitere Herrschaften, so in Hallungen die Herren von Zenge und in Ebenshausen die Mihlaer Harstalls, die aus älteren Ansprüchen heraus Forderungen aufmachen konnten. Für Frankenroda blieb das Erfurter Peterskloster als Mitbesitzer wichtig.

Zu beginn des 19. Jahrhunderts verloren die Herren von Hopffgarten zu Haineck aus verschiedenen Gründen ihre wirtschaftliche und politische Stabilität. Große Teile der Güter wurden verkauft oder fielen an die herzogliche Kammer.

Das Lauterbacher Schloss im baulichen Zustand des Jahres 2009.

In dieser Zeit der Auflösung des Hopffgartenschen Besitzes konnte Franz von Harstall zu Diedorf eine letztmalige Konzentration der Harstallschen Güterkomplexe erreichen. Er vereinigte alle Besitzungen der Diedorfer und Berterodaer Linien in seiner Hand. Im Jahre 1830 erwarb er auch die Rechte aus dem Gut Lauterbach und bezog wenig später das dortige Verwaltungsgebäude. Sicherlich erfolgten damals einige Erweiterungsbauten und es ist anzunehmen, dass das Lauterbacher Schloss dadurch seine heutige Gestalt erfuhr.

Franz von Harstall, letzter Vertreter der katholischen Diedorfer Linie, machte sich als Kammerherr des Weimarer Herzogs einen Namen. Allerdings verhinderte sein Reichtum und Einfluss nicht, dass es ihm versagt blieb, einen männlichen Erben zu erhalten. Auch mehrere Ehen änderten daran nichts. Letztlich griff Franz von Harstall sogar zu einem letzten Mittel und konvertierte im Jahre 1830 in der Lauterbacher Kirche zum evangelischen Glauben, um so eine weitere Ehe eingehen zu können. Vielleicht waren es auch politische Gründe, die ihm zu diesen Schritt bewogen haben, immerhin war der Großherzog von Sachsen- Weimar - Eisenach, an dessen Hof er sich oft aufhielt, ebenfalls Protestant und sein neuer Besitz Lauterbach tat ein Übriges, diesen Schritt zu verstärken.

Die Straßenfront des Gebäudes, welches wohl zur Zeit des Diedorfer Harstalls Franz sein heutiges Aussehen erhielt.

Das kleine Lauterbacher Schlösschen scheint es dem letzten Diedorfer Harstall angetan zu haben. Obwohl er in den größeren und angenehmern Herrenhäusern in Diedorf, Katharinenberg, im Mihlaer Roten Schloss oder im Berterodaer Schloss hätte leben können, verbrachte er seine letzten Lebensjahre beinahe ausschließlich in Lauterbach. In den anderen Gutsherrschaften wurden Verwalter eingesetzt, eine für das Mihlaer rote Schloss, an dem ja auch die Creuzburger Linie Anteile hielt, ein schon länger bekannter Vorgang.

Im Jahre 1865 verstarb Franz von Harstall in Lauterbach ohne männliche Nachkommen. Sehr rasch wurden die Güter verkauft und letztlich zerschlagen. Das Lauterbacher Gut und das zugehörige Schlösschen kaufte im Jahre 1872 die Familie von Riedesel, die in Neuenhof an der Werra saß. Volbert von Riedesel, ebenfalls Kammerherr am großherzoglichen Hof, bewohnte mit seiner Gemahlin, der Freifrau Annelie, zeitweise das Herrenhaus Die Riedesels ließen an die Wirtschaftsgebäude angrenzend einen Park errichten, ähnlich dem Park in ihrem Stammsitz Neuenhof.

Im Jahre 1925 verkaufte Freiin Marie von Riedesel, die lange Zeit allein in Lauterbach lebte, das gesamte Gut an die Gemeinde Lauterbach. Sie behielt allerdings Einsitzrecht im Schloss und verstarb dort im Jahre 1930.

Zwei Jahre später wurde in Absprache mit der Gemeinde im Schloss und in den im Park errichteten Baracken ein Lager des Freiwilligen Arbeitsdienstes aufgebaut. 1935 kaufte das Land Thüringen das gesamte Anwesen und ließ das Lager zum zentralen Arbeitslager des Reichsarbeitsdienstes (RAD) erweitern. Von 1935 bis 1940 zogen in den neu errichteten Gebäuden und Baracken hunderte junge Männer ein, die militärisch geschult und zu den verschiedensten Arbeitsdiensten, so zum Ausbau der Fliegerschule auf dem Harsberg, eingesetzt wurden. In den letzten Jahren bis zum Kriegsende 1945 war im "Lauterbacher Lager" der weibliche Arbeitsdienst untergebracht.

Heute ist das sanierte Gebäude von der Gemeinde vermietet und wird zu unterschiedlichen Zwecken genutzt.

Rainer Lämmerhirt

 

Mihla ,15.03.2009