Brauchtum im Jahreslauf  Das Schlachtfest Der verdienstvolle Heimatforscher Max Kürschner hat vor etwa 70 Jahren die damals noch lebendigen Bräuche, so wie sie im Jahreslauf abgehalten wurden, aufgezeichnet. Damit hinterließ er ein einzigartiges Material von beinahe längst vergessenen Abläufen und Handlungen, die unseren Vorfahren noch ständig geläufig waren, nach denen man sich aus alter Gewohnheit richtete, die aber heute größtenteils in Vergessenheit geraten sind. Zu diesen Bräuchen gehörte das Abhalten des Schlachtfestes.Folgen wir Max Kürschner in seiner Beschreibung des Schlachtfestes, wie es damals nicht nur in Madelungen, sondern sicher auch in Mihla abgehalten wurde.  Das Schwein ist geschlachtet, die Hälften hängen auf der Leiter.Schlachtermeister Reinhold Böhning bei der Arbeit.Mannigfaltig sind die Gelegenheiten, bei denen ein Borstentier sein Leben lassen muss, sei es zur Kirmes, zur Konfirmation oder als Hochzeitsschwein. Hier ist das "große Schlachten" gemeint, das gewöhnlich im Januar oder Februar, aber in Verbindung mit der Kirme4s auch im Oktober, abgehalten wurde.Alles ist vorbereitet. Waschkessel und Mollen, Wannen und Gelten sind blitzblank gescheuert. Pünktlich um 7.00 Uhr kocht das Wasser, und ebenso pünktlich ist der Metzger zur Stelle. Das blutige Handwerk beginnt.Bald ist der Todeskandidat abgestochen, gebrüht und mit Hilfe der Glocken von seinen Borsten befreit. Bei grimmiger Kälte ist das oft keine Kleinigkeit. Glücklich hängen die beiden Hälften sauber und rein auf der Leiter - wer dächte da nicht an Ludwig Richters köstliches Bildchen - und wird ausgeschlachtet. Zur Rechten sieht man bald wie zur Linken ein halbes Schwein herunter sinken, undzwar auf die Schultern starker Männer. Beide Hälften wandern in die Waschküche, den eigentlichen Schauplatz der Handlung. Mit geschickten Handgriffen wird das Schwein zerlegt. Inzwischen hat auch der Fleischbeschauer seine Tätigkeit beendet, es ist Zeit zum Frühstücken.Mittags gibt es zum ersten Male etwas "Frisches", Schnitzfleisch", eine reichlich fettige Angelegenheit, bei der man sich leicht den Magen verderben kann. Aber diese Gefahr wird gebannt durch die Schnapsflasche. "Schlachtschüsseln" werden in die Nachbarschaft geschickt und dort dankbar angenommen!Der Nachmittag ist in erster Linie dem Wurstmachen gewidmet. Sülze und Rotwurst machen den Anfang, den Hauptteil der Zeit aber nimmt die Bratwurst in Anspruch. Das Fleisch ist zweimal durchgedreht und gründlich gemengt. An "Mitarbeitern" fehlt es hierbei ja nicht, und die Stopfmaschine beginnt ihr Werk. Besondere Sorgfalt wird auf die Schmerhäutchen gelegt. So geht der Tag zur Neige?Der Abend entschädigt reichlich. Es ist ja Schlachtfest!Reich ist der Tisch gedeckt. Neben den Kartoffeln duftet eine große Schüssel Kumst (Sauerkraut). Alles wird gekostet und begutachtet: Das Gehackte ist etwas zu leise, die Rotwurst hingegen findet man vorzüglich gewürzt, die Sülze ist reichlich fett - aber nichts desto weniger langt jeder tüchtig zu.Und wieder wird nach dem Grundsatz gehandelt: Ein Schnäpschen verdirbt nichts! Der Herr des Hauses trinkt an, schenkt wieder ein und schiebt dem Nachbarn mit einem freundlichen "Prost!" Gläschen und Flasche zu, die nun alsbald fleißig die Runde macht?Auch die Kinder nehmen auf ihre Weise an den Freuden des Schlachtfestes teil. Früher wurde regelmäßig in der Schule Urlaub beantragt und auch gegeben, denn einer musste doch, wie man sagte, beim Abstechen des Schweines "das Schwänzchen halten". Aber Spaß beiseite, Arbeit gibt es an einem solchen Tage auch schon für das junge Volk. Da muss der "Speckhobel" herbeigeholt werden, ein anderes Mal fehlt der "Kümmelspalter", und was es sonst noch für Wege gibt. Am Nachmittag muss "eine Bratwurst angemessen" werden?Am Abend des Tages erscheinen die Kinder der Nachbarschaft um sich eine "Wurstsuppe" holen zu wollen. Nicht selten glaubt ein kleiner Bursche dann, auch Mehr beanspruchen zu können und sagt keck: "Ich hab gehört, ihr habt geschlachtUnd habt mir eine Wurst gemacht,nicht zu groß und nicht zu klein,dass sie geht in ?n Tiegel rein." Und vielleicht hat er Glück?. Gefunden und bearbeitet von Rainer Lämmerhirt, Mihla    Mihla,22.11.2006