Historisches aus Mihla: Der Anger

Anger bezeichnet eigentlich ein der Gemeinde, also allen Bewohnern, gemeinsam gehörendes Weidegrundstück. Wahrscheinlich zählt der Anger zu den alten germanischen Rechten der Dorfgenossenschaft, die auch noch in der Zeit der rechtlichen Veränderungen des Mittelalters Bestand hatten.

Meist lag der Anger in der Mitte des Dorfes, häufig war er ein großer, freier Platz, in manchen Gegenden auch mit einem Teich verbunden, auf dem das Federvieh aller Dorfbewohner ebenso  seine Rechte wahrnehmen konnte wie die Menschen. Diese Lokalisierung stimmt übrigens auch in Mihla. Früher war der Anger wesentlich größer und nahm vermutlich das gesamte Areal bis zur „Heringsgasse“, natürlich an die dortige Hanglage angepasst,  ein. Erst im 16. oder 17. Jahrhundert entstand im östlichen Bereich des Angers die Gemeindebackstube, die dann, zuletzt nach dem II. Weltkrieg, die Fläche des Angers weiter einschränkte. Auch hinsichtlich der zentralen Lage im Dorf entspricht der Mihlaer Anger den oben genannten „Normen“. Der historische Ortskern Mihlas lag im Bereich der Schotterterrasse oberhalb der Werra, zwischen dem „Junkersitz“ , dem heutigen Grauen Schloss, der Mühle, hier der Werramühle, und der Kirche hoch auf dem Berg. Später kamen mit der Gemeindebackstube und dem Gasthof, der „Weißen Herberge“, heue „Schwan“, zwei weitere wichtige dörfliche Einrichtungen hinzu. Für alle diese genanten Gebäude bildete der Anger den eigentlichen Mittelpunkt. Auch die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser war gegeben, noch vor 100 Jahren gab es den Angerborn, der alte Standort ist noch bekannt.

Historisches aus Mihla: Der Anger

Der Mihlaer Anger, in seiner ursprünglichen  Größe, Aufnahme aus dem Jahre 1936.

Um 1680 taucht in den Heimbürgenrechnungen (die Heimbürgen verwalteten die Aufgaben der Dorfgenossenschaft und wurden immer für ein Jahr gewählt) der Hinweis auf „Reparaturen an den Angersteinen und dem Angertisch“ auf. Es ist also davon auszugehen, dass die einst  umfassenden Steinsetzungen zu dieser Zeit bereits schon recht lange vorhanden waren, wenn sich Reparaturen notwendig machten! Ein mit Steinsetzung umgebener Anger ist nun in der Rechtsgeschichte ein sicherer Hinweis auf Gerichtstage, die auf einen solchen Platz durchgeführt wurden. Dies trifft in Mihla im ganz besonderen Maße zu. Dort tagte das Dorfgericht, auf dem die gewählten Schöppen an mehreren genau festgelegten Tagen im Jahr zu allen in ihre Zuständigkeit fallenden Gerichtsfälle Recht sprachen. Die Gerichtsschöppen saßen dann am Richtertisch und die gesamte Einwohnerschaft musste sich versammeln, um der Verhandlung beizuwohnen. Auf diese Gerichtstage wird noch in der 1684 in der Dorfordnung der als Gerichtsherren zuständigen Herren von Harstall ausdrücklich hingewiesen.

Historisches aus Mihla: Der Anger

Der Anger mit dem Richtertisch im heutigen Zustand.

Heute spielt der Anger zur Kirmes eine wichtige Rolle. Während des Angertanzes ist der gesamte Ort unterwegs und betrachtet die schmucken Kirmespärchen. Einmal auf dem geweihten Gerichtsboden tanzen, dies war wohl der Ursprung des Angertanzes.

- Ortschronist Rainer Lämmerhirt -

Mihla,21.04.2012 ?