Bauliche Besonderheiten in Mihla: Der Erker am "Grauen Schloss"

So richtig passt es ja nicht zusammen: Ein aus Stein errichtetes Schloss und daran gebaut ein mit Backsteinen gemauerter und mit Holzbalken gestützter Erker. Auch der Nichtfachmann erkennt, hier liegt eine Besonderheit vor. Und diese gibt es tatsächlich. 

Das „Graue Schloss“ ist eines der ganz wenig in Stein errichteten Schlossgebäude aus der Renaissance-Zeit. Die meisten Wohngebäude des früheren Landadels sind im Fachwerk errichtet und erreichen darin oft eine besondere Schönheit, so das Schloss in Bischofroda oder das „Rote Schloss“ in Mihla.  

Der „steinerne“ Charakter des Grauen Schlosses hängt mit der Vorgeschichte des Gebäudes zusammen. Vor dem Umbau zum Schloss in den Jahren nach 1525 stand auf den Grundmauern eine Wasserburg. Militärisch war diese Schutzfunktion nicht mehr notwendig und daher kein Neubau eines Schlosses, sondern ein Umbau. Der wehrhafte Charakter ist aber durchaus noch erkennbar, vermutlich wurden auch Gebäudeteile der alten Burg weiter genutzt. 

Zurück zum Fachwerkerker. An dieser Stelle befand sich bis 1837 der Zugang zu einem Nebenflügel des Schlosses, dem „Weißen Schloss“. Wie dieser Nebenflügel einst aussah, ist völlig unbekannt. Vielleicht stellte er sogar den ältesten Teil der gesamten Anlage dar. In den Familienpapieren der Herren von Harstall wurde das „Weiße Schloss“ sogar als eigenständiges Gebäude genant, das einer der drei Hauptsippen der Familie gehörte. 

Nach dem Aussterben mehrerer Linien und erfolgter Erbteilungen war die weitere Existenz des Gebäudes im 19. Jahrhundert nicht mehr notwendig und offensichtlich gab es auch bauliche Probleme. Im Jahre 1837 wurde daher der Seitenflügel abgerissen. Die Baulücke, sprich der einstige Zugang zum Schloss in Höhe der 1. Etage, wurde dabei „kosmetisch“ behandelt und bekam den mit farbigen Glas verzierten Erker vorgesetzt. Das machte sich deshalb auch gut, da hinter dem Erker die repräsentativen Wohnräume der Familie von Harstall lagen. Heute gehört der Anblick zur Selbstverständlichkeit, ist jedoch bezogen auf den Gesamtbau des Schlosses und auf seine Baugeschichte eine recht ungewöhnliche Baubesonderheit. 

- Ortschronist - 

 

Mihla,28. 06. 2017