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Stand Juli 2020
Flurnamen gehören zu den wichtigsten gewachsenen historischen Quellen. Sie künden von den früheren Lebensbedingungen unserer Vorfahren. Häufig haben diese für Flurstücke, Felder, Wege, Plätze oder Äcker spezielle Bezeichnungen gewählt, die, immer weitervererbt, die Besonderheit dieses Flurstückes deutlich machten. Viel hat sich dabei über die Jahrhunderte verändert, manche Namen sind heute nicht mehr zu deuten, wenn man aber auf den Kern des Namens stößt oder diesen erschließen kann, dann ist es mitunter möglich, Rückschlüsse auf die früheren Zusammenhänge zu ermitteln.
Viel hat sich dabei über die Jahrhunderte verändert, manche Namen sind heute nicht mehr zu deuten, wenn man aber auf den Kern des Namens stößt oder diesen erschließen kann, dann ist es mitunter möglich, Rückschlüsse auf die früheren Zusammenhänge zu ermitteln.
In unserer Mihlaer Flur existieren noch über 50 Flurnamen, von denen die meisten für uns Jetztmenschen nicht mehr erklärbar sind. Einige sind auch auf alten Flurkarten verzeichnet. Andere sind nur noch als mündliche Überlieferung den älteren Einwohnern bekannt. Viele werden wohl in einigen Jahren gänzlich in Vergessenheit geraten sein, zumal die Bindung der Menschen an die Natur nicht mehr so tief ist wie noch vor 100 Jahren. Weitere gut 20 Bezeichnungen sind aus dem Ortsbild bis heute erhalten, manchmal sind es sogar Straßennahmen, die an die alte Zeit erinnern. Genannt seien hier als Beispiele nur die Schornstraße oder das Eisfeld.
Das alte Sprichwort „Jeder Landwirt nimmt immer auch ein paar Flurnamen mit ins Grab“ hat auf jeden Fall seine Berechtigung!
Wir wollen daher versuchen, noch bekannte Flurnamen aufzuspüren und nachzufragen, wo könnte der eigentliche Sinn für diese Bezeichnung liegen. Das ist nicht in jedem Fall einfach und erfolgreich, aber für die zukünftigen Generationen auf jeden Fall wichtig. Vielleicht kann der eine oder andere Leser noch weitere Erklärungen hinzufügen?
Eine ganz wichtige Vorarbeit leistete Frau Luise Gerbing. Die Heimatforscherin aus Schnepfenthal veröffentlichte im Jahre 1910 das bis heute gültige und wichtige Standardwerk „Die Flurnamen des Herzogtums Gotha…“. Mehrere Jahre hatte sie die Orte des Herzogtums bereist und mit den Menschen alle damals bekannten Flurnamen aufgeschrieben und versucht, Erklärungen zu liefern. Diese bilden heute noch immer die Grundlage für unser Wissen.
Beginnen wir mit einigen aus der Ortslage Mihla erhaltenen Straßennamen und Bezeichnungen.
Die „Schornstraße“ dürfte eine sehr alte Wegeverbindung benennen. Die heutige bebaute Straße war noch vor gut 100 Jahren weitgehend frei von Wohnhäusern und stellte eine Querverbindung her von der alten Straße nach Lauterbach über die „Sandhöhle“ und die „Sandmühle“ bis zum „Propel“. Von dort aus konnte man dann in Richtung der alten Nazzaer Straße weiterkommen. Der Propel als Gerichtsplatz wurde aber auch über die Schornstraße erreicht, die sich daher als Zubringer zu dem außerhalb der Mihlaer Ortslage befindlichen landgräflichen Gerichtsplatz entwickelt haben dürfte. „Schorn“ meint „hoch, hervorragend“, wie heute noch in „Schornstein“ enthalten, und stammt aus dem Mittelhochdeutschen. Also die „Hohe Straße“, unbehelligt von jeglichen Wasserläufen, eine uralte Wegeverbindung, auf der die Vögte der Landgrafen vor 700 Jahren von Eisenach kommend zum Gerichtsplatz Propel geritten sind.
Propel, Gerichtsplatz, Verballhornung von „Brachbühl“, der Platz, die Stätte, an der „der Stab gebrochen wird“, also das Gericht stattfand.
Vermutlich war der Propel schon in germanischer Zeit ein bekannter Versammlungsplatz. In Verbindung mit dem Straßennamen „Hundsanger“ wurde vermutet, dass Mihla in germanischer Zeit der Zentralort und Sitz eines Hunno, eines Hundertschaftsführers war. Auf dem mit Linden umstandenen hoch über der Werra gelegenen und weit sichtbaren Platz übte die Hundertschaft das Zentgericht aus. Vermutungen, die sich allerdings nicht beweisen lassen.
Später, im Verlauf des 13. Jahrhunderts, sind aber dann tatsächlich Gerichtsverhandlungen des Landgräflichen Gerichts Thamsbrück auf dem Propel schriftlich fassbar.
Gerichtsverhandlungen fanden dort unter den Linden statt, daher bis heute die Bezeichnung „Gerichtslinde“. Gerichtsherr waren die Landgrafen von Thüringen oder ein von ihnen eingesetzter Gerichtsvogt. Solche Verhandlungen sind bis in das späte 14. Jahrhundert bekannt. Dann fiel das Gerichtsrecht an die benachbarte Burg Haineck und die dortigen landgräflichen Amtsleute.
Zur Mihlaer Kirmes reiten die Kirmesburschen vor der versammelten Dorfgemeinschaft auf dem Propel vor und die Husaren halten ihre Morgenreden; eine Erinnerung an den alten Gerichtsplatz Propel/Brachbühl.
Später nutzten die Mihlaer den Propel, wie er bald umgangssprachlich genannt wurde, als Festplatz. Dort fanden die uralten Schützenfeste statt, wurde das Vogelschießen durchgeführt und Jahrmärkte abgehalten. Mit Vorliebe lagerten in Kriegszeiten fremde Söldner auf dem Propel. Eng verbunden ist der Propel auch mit der Mihlaer Kirmes. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts reitet die Kirmesburschenschar auf den Propel, um dort die Morgenreden vorzutragen. Hintergrund ist sicher die Verbindung zum alten Gerichtsplatz, an dem das Volk durch Schöffen durchaus auch an der Rechtsprechung beteiligt wurde, oder einfach der Gedanke, einmal im Jahr dort „Gericht über die Mitbürger“ halten zu können.
Bleiben wir bei unserem nächsten Mihlaer Straßennamen gleich bei der Bezeichnung „Hundsanger“. Ein bis heute nicht völlig geklärter Straßenname.
Der Hundsanger verläuft von der Lauter steil aufwärts vor der mittelalterlichen Bebauung und der dort vorhandenen Dorfbefestigung bis zum Scheitel des Höhenzuges in der Marktstraße. Er findet seine Fortsetzung mit dem Honiggraben, ebenfalls ein Graben vor der Dorfbefestigung und am Rande der mittelalterlichen Wohnbebauung.
Der Name Hundsanger lässt sich schriftlich bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Für manche früheren Forscher war ein Beweis für die Anwesenheit eines "Hunno", eines Hundertschaftführers, vielleicht der Ort für Versammlungen der Hundertschaft, deswegen eben Anger.
Natürlich kann die Namensgebung auch aus ganz anderen Gründen, viel einfacher, erfolgt sein: Möglich wäre auch eine Bezeichnung für eine Stelle am Ortsrand, außerhalb der eigentlichen Siedlung, hier "Hunds-" für abgelegen, ungepflegt, was den tatsächlichen Siedlungsentwicklungen in Mihla entsprechen würde.
Hundsanger könnte auch ein Hinweis sein auf eine Ödlandfläche am Rande der Wohnbebauung, eben da, "wo der Hund begraben liegt".
Dann könnte das Wort Anger für Grünland gebraucht sein, der eigentlich üblichen Begriffsform von Anger, nämlich Gemeindeweide am Rande des Dorfes. Auch vorstellbar, aber wie ist der Bezug zu "Hund" zu erklären? Vielleicht Schindanger, die Stelle, an der die Abdecker arbeiteten? Dafür gibt es aus der Mihlaer Chronik keinen Lokalisierungshinweis.
Blick auf den alten „Hundsanger“, wie er noch vor 60 Jahren aussah.
Bleibt für heute, wie angekündigt, noch der „Honiggraben“. Auch dieser Name hat immer wieder für Spekulationen gesorgt.
Eines erscheint klar: Sowohl der Honiggraben als auch der Hundsanger waren Bezeichnungen für Gebiete, die früher am Rande der Wohnbebauung lagen. Graben und Anger weisen darauf hin. Für den Honiggraben wird angenommen, dass dieser Graben tatsächlich als Verteidigungsanlage künstlich angelegt wurde und die im Mittelalter vorhandene Ortsbefestigung zum Bergsporn des Hainichausläufers schützte. Aber der Bezug zu Honig?
Emil Felsberg, langjähriger Mihlaer Ortschronist, nahm an, dass es sich um eine Umschreibung für die üblen Gerüche handele, die dieser Graben als Oberflächenablauf für Abwasser, besonders in den Sommermonaten, verbreitete. Möglich. Auch die Imkerei war in Mihla immer verbreitet, vielleicht also lebten dort früher oft Menschen, die den Honig herstellten? Schwerer vorstellbar.
So sah es vor 100 Jahren im Honiggraben aus. Das Wohnhaus der Familie Krause, ein kleiner Fachwerkbau, üblich bei Wohnhäusern am Rande der zentralen Bebauung. Im Hintergrund kann man die alte Dorfbefestigung erkennen. Das Wohnhaus lag „in den Gräben“.
Ein Artikel des bekannten Mühlhäuser Historikers Peter Bühner führt zurück auf die Spur des Hanno, des Hundertschaftsführers. Peter Bühner schrieb in einem Artikel über die Frühgeschichte Mühlhausens. In Mühlhausen gibt es eine „Honiggasse“, die zu den ältesten Straßen der Stadt zählt und deren Namen ebenfalls umstritten ist.
Bühner äußert sich wie folgt: „Der von Aulepp angenommene Zugang zur Reichsburg über die - in ihrem Verlauf gewiss sehr alte - Honiggasse ist aus den bereits dargelegten Gründen eher unwahrscheinlich... Für die Besiedlung Altmühlhausens hat der im Bereich der Honiggasse, deren ursprünglicher Name Huntsgasse (noch 1524 im Geschoßbuch als Huntsgasse genannt) nach der Rangbezeichnung eines fränkischen Amtsträgers (im Rang unter dem eines Grafen) gedeutet wird, zu suchende Eschenbühl sicher große Bedeutung. Wenn es (das Eschenbühl/an der Huntsgasse/Lä) es bereits Sitz des Hunts war, hätte man in ihm auch ein ursprüngliches administratives Zentrum Altmühlhausens zu sehen...“
Da sind wir wieder angekommen, beim Hanno und den Unklarheiten: Also, Hunt war die Bezeichnung eines fränkischen Amtsträgers im Range unter dem Grafen, abgeleitet wohl von Führer einer Hundertschaft. Das wissen wir schon. Eine Bezeichnung, die heute überhaupt nicht mehr bekannt ist, aber vor einigen hundert Jahren durchaus namensgebend gewesen sein kann. Zudem heißt in Mihla die Verlängerung des Honiggrabens nach Süden noch immer „Hundsanger“. Ein interessanter Zusammenhang, der zukünftig mehr Beachtung finden sollte.
Setzen wir unsere kleine Wanderung mit historischen Straßennamen durch Mihla fort. Eine der ältesten schriftlich vorliegenden Aufzählung von Mihlaer Straßennamen ist im Kirchenbuch erhalten. Pfarrer Himmel setzte sich kurz nach dem 30jährigen Krieg im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Pfarrzinsregisters mit einige Jahre nach dem großen Krieg immer noch nicht wieder aufgebauten Bauernhäusern in der Ortslage auseinander. Dabei wurden als Straßennamen „Im Bach“, „Neustadt“, „Hinter der Kirche“, „Hinter dem Brauhaus“, „In der Mühlgasse“, „Auf dem Eisfeld“ und „In der Aue“ aufgezählt. Damit sind uns sicher die ältesten Straßennamen in unserem Ort bekannt, immerhin schon mindestens 450 Jahre so genannt.
Einige dieser Straßennamen bedürfen keiner Erklärung, andere dagegen schon.
Beginnen wir mit der „Neustadt“, die sich als Neustadtstraße erhalten hat. Diese Bezeichnung meint keine neue Stadt, Mihla war nie eine solche, sondern bezieht sich auf „neue Stätten“, also Wohnhäuser, die beidseitig in dieser Straße und damit außerhalb des alten Ortes entstanden sind. Gleich zu Beginn der Straße lag die älteste Herberge mit Ausspanne, die „Schwarze Herberge“, der spätere „Mohren“, nicht von ungefähr an diesem Fahrweg in Richtung Mühlhausen und Langensalza.
Diese Bleistiftzeichnung des Mihlaer Heimatmalers Reinhard Ernst atmet noch gut fühlbar die gewachsene Situation der alten Neustadtstraße.
Vermutlich wurde diese Straße, die sicher als Fahrweg bereits viel älter ist als die Wohnbebauung, zu einer neuen Wohnsiedlung, als die Bevölkerungszahl Mihlas rasch zunahm.
Dies könnte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gewesen sein, als nach Pestwelle und Agrarkrise mehrere kleinere Siedlungen in der Umgebung eingingen und die Bewohner in den größeren und sicheren Ort Mihla zogen und sich dort außerhalb der Dorfbefestigung am alten Verbindungsweg von der Werrafähre und von den Schlössern von Creuzburg und nach Mühlhausen und Langensalza ansiedelten.
Erklärungen bedarf auch der Straßenname „Hinter dem Brauhaus“. Eines der Mihlaer Brauhäuser, Bier zu brauen wurde noch bis vor gut 400 Jahren in vielen Bauernhöfen durchgeführt, sicher das größte und bis 1533 im Besitz der Kirche befindliche, soll sich nach alten Überlieferungen auf dem heutigen Grundstück Ecke Brauhausstraße/Ölberg befunden haben. Damit würde auch der Straßenname „Hinter dem Brauhaus“ Sinn machen. 1533 wurde dieses Brauhaus erwähnt, als das Braurecht im Zusammenhang mit einer Visitation der Kirchenrechte den Herren von Harstall zugesprochen wurde.
Im Weg verlief das „Mühlenwasser“, ein vor hunderten von Jahren von der Lauter in Lauterbach abgezweigter Wasserlauf eines „Oberwassers“, das neben der Lauterbacher Mühle die Mihlaer Sandmühle und über die „Pfarrwiese“ die Mihlaer Bachmühle oberschlächtig antrieb.
Ein Blick in die Straße „Hinter dem Brauhaus“. Hinter der Mutter mit Kind ist das Oberwasser gut zu erkennen, welches als offener Graben verlief und im weiteren Verlauf die Bachmühle und die Mihlaer Badstube mit Wasser versorgte. Hygiene spielte für die Badstube wohl noch keine Rolle. Immerhin soll nach älteren Hinweisen das Brauhaus über eine eigene Quelle mit Frischwasser versorgt worden sein…
Von der Sandmühle aus verlief das Oberwasser über die Pfarrwiese, entlang des heutigen Plattenweges, querte den Hundsanger in Mihla und verlief als offener Graben entlang der Straße „Hinter dem Brauhaus“ (Fotos) bis zum Ölberg. Dort ergoss sich das Wasser über eine Rinne auf das Wasserrad der Bachmühle, verlief dann aber nicht gleich in die Lauter zurück, sondern tangierte die „Badstube“, um in Höhe der Badergasse die Lauter zu erreichen. Was für eine gewaltige Arbeitsleistung, diesen Kunstgraben zu errichten und zu unterhalten! Beide Mühlen lagen also am gleichen Oberwasser, das auf eine Länge von etwa 1, 5 Kilometern geführt wurde!
Das Mihlaer Brauhaus, daher die Bezeichnung „Hinter dem Brauhaus“, wurde nicht über den Mühlgraben mit frischem Wasser versorgt, sondern die oberhalb der Sandmühle befindliche Quelle soll eine eigene Leitung gespeist haben, die dann parallel zum Mühlgraben über die Pfarrwiese bis zum Standort des alten Mihlaer Brauhauses geführt wurde.
Eigentlich einleuchtend, dass man zum Brauen eben frisches Quellwasser benötigte, oder? Machen wir gleich wegen der örtlichen Nähe mit der „Badergasse weiter.
Den Namen erhielt sie, weil lange Zeit am Ausgang der Gasse das alte Mihlaer „Baderhaus“ lag, heute das Wohnhaus der Familie Pfeil. Der Bader war der frühere „Mediziner“ im Ort, lange bevor studierte und gut ausgebildete Ärzte diese Arbeit übernahmen.
Er war für alles zuständig, vom Zähneziehen bis hin zu Operationen kleineren Ausmaßes. Nebenbei betrieb er die „Badstuben“, in der man die vielfältigsten Formen eines Wannenbades genießen konnte.
Oft wird die Gasse auch als Badegasse angesprochen, sie diente jedoch nicht als leichter Zugang zur Lauter, in der man früher sicher baden konnte. Vielmehr dürfte sie, direkt neben dem Pfarrhaus gelegen, bereits im Mittelalter, als Mihla von einer umlaufenden Mauer geschützt wurde, schon eine wichtige Verbindung zum „Unterdorf“ gewesen sein und war wohl mit einer Pforte versehen.
Zuletzt für heute die „Mühlgasse“. Ihr Name ist eigentlich klar. Diese Gasse führte zur ältesten Mühle Mihlas, zur Werramühle. Diese wurde bereits im Jahre 1248 schriftlich erwähnt. Vermutlich aus dieser Zeit stammt der „Mühlgraben“, der von der Werra beim „Grauen Schloss“ abzweigte und die Werramühle unterschlächtig antrieb. Genauso alt dürfte auch die Mühlgasse sein.
Die Gasse stellte die Verbindung von der Mühle zum Dorf her, aber auch zu den Handelswegen, die über Mihla verliefen. Über die Verlängerung der Mühlgasse, den „Honiggraben“ kamen unsere Vorfahren zum „Tor“ in der Markstraße und damit auch in den eigentlichen Ort.
Am Ausgang der Mühlgasse entstand im 16. Jahrhundert ein kleiner Werrahafen. Alle Handelsschiffe und Flöße mussten anlegen und auch die mitgeführten Waren zum Kauf anbieten. Dieses Stapelrecht in Mihla führte mehrfach zu heftigen Auseinandersetzungen mit den bedeutenderen Werrahäfen Eschwege und vor allem Wanfried.
Der durch den Mühlenbetrieb und den Handel in den Ort einziehende zeitweilige Wohlstand zeigte sich auch in der Bebauung der unteren Mühlgasse mit stattlichen Höfen, von denen sich noch das „Hölzerkopfhaus“ erhalten hat.
Erinnert an den einstigen Wohlstand der Bewohner der Mühlgasse; das bekannte „Hölzerkopfhaus“.
Heute wollen wir uns mit möglichen Deutungen der Münster- und Pfarrmünsterstraße beschäftigen.
Beide Straßen liegen außerhalb des historischen Ortskerns. Zur Erschließung der Bedeutung müsste das Wort „Münster“ geklärt werden. Dessen Bedeutung ist allerdings bis heute umstritten.
Im Mittelalter bedeutete „Münster, monstere“, „Einöde“, außerhalb der Besiedlung liegend. Das war wohl der Ursprung der heutigen Münsterstraße in Mihla, sie lag vor dem „Tor“. Dieses Tor der mittelalterlichen Dorfbefestigung stand an der engsten Stelle der Marktstraße, kurz vor der Kreuzung zum „Hundsanger“ und zum „Honiggraben“.
Vermutlich mit dem Wachsen des Ortes in den Jahren vor dem 30jährigen Krieg entstanden erste Wohnhäuser vor dem Tor. Ein Fahrweg führte hier schon immer nach Lauterbach, eine Abzweigung über die „Schornstraße“ = Schorn = Hoch, also Hohe Straße, weiter durch das Mihlaer Tal in Richtung Nazza.
Die heutige Bebauung entstand dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Meist kleinere Wohngebäude von Handwerkern und Kleinbauern wurden entlang der Münsterstraße errichtet, später dehnte sich dieser Siedlungsraum weiter nach Süden entlang des Höhenrückens zur Lauter aus. So entstand eine zweite beinahe parallel führende Straße, die „Pfarrmünsterstraße“. Der älteste Teil dieser Wohnbebauung mit Häusern aus den frühen Jahren des vorigen Jahrhunderts liegt direkt anschließend an der Einmündung zur Münsterstraße. Diese Fachwerkhäuser stehen daher auch als Ensemble unter Denkmalschutz.
Hier hatte die Mihlaer „Pfarrei“ Landbesitz, die am Auslauf des Hanges zur Lauter liegende „Pfarrwiese“ erinnert noch daran und ist, zumindest in Teilen, noch immer in Kircheneigentum.
Schwer vorstellbar ist die Absenkung der Münsterstraße bis zur Einmündung des „Honiggrabens“. Vermutlich ist dies die alte Straßenführung, die dann in Richtung Lauterbach oberhalb der dortigen Mauer entlang der Häuserzeile weiter verlief. Erst mit dem Chausseebau vor über hundert Jahren entstand dann die heutige Straßenführung der Münsterstraße.
Auch die unterirdische Wasserleitung vom Lohfeld bis zum Kleinen Markt und dem dortigen fremd eingespeisten Marktbrunnen verlief über diese tiefer liegende Fahrstraße. Daran erinnert noch ein kleines Börnchen vor dem heutigen Wohnhaus der Familie Machon, der noch lange sprudelte und das damalige Ende der Wasserleitung markierte.
Die Bezeichnung „Münster“ taucht in Mihla nochmals auf: Ein im 14. Jahrhundert eingegangenes kleines Dorf auf der anderen Seite der Werra, etwa dort, wo später die „Sandgüter“ entstanden, hieß „Münsterkirchen“. Eine Doppelung Münster = große Kirche und dann noch einmal Kirche in einem Namen macht wenig Sinn, aber „Münsterkirchen“ könnte auch ein weiterer Beleg für unseren Namenszusammenhang mit „monstere = Einöde“ sein. Die Siedlung Münsterkirchen lag auf der Halbinsel Sand wirklich weit ab von jeglichem Verkehr und konnte nur über eine Fähre erreicht werden. Aber die Siedlung besaß eine eigene Kapelle, wie wir aus Urkunden wissen, also eine „Kirche in der Einöde“.
Wir blicken vom „Tor“ in die Münsterstraße. Links die tiefer liegende alte Zufahrt zum Honiggraben, rechts in der Bildmitte die damalige Zigarrenfabrik, später Opitz.
Fortsetzung folgt
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