Vor 60 Jahren: Luftschlacht über Thüringen  Vor 60 Jahren häuften sich die Luftangriffe englischer und amerikanischer Verbände.Diese hatten die Luftherrschaft über Deutschland gewonnen und die deutschen Städte versanken im Bombenhagel. Nur noch selten gelang es der Reichsverteidigung, Abwehrerfolge zu erringen. So geschehen im September des Jahres 1944. Damals wurde durch einen Zufall das Gebiet um Gerstungen und die benachbarten hessischen Landstriche zum Schauplatz einer gewaltigen Luftschlacht, einer der letzten des Krieges. Im September 1944 häuften sich die Luftkämpfe über dem Werragebiet. Am 13. September entging die Werragemeinde Neustädt nur knapp einer Katastrophe. Ein amerikanischer B-17- Bomber "Flying Fortress" war getroffen worden und flog östlich von Neustädt eine Schleife, eine Rauchfahne hinter sich herziehend. Die Maschine gehörte zur 327. Staffel der 92. Bombergruppe der 1. Bomberdivision, die gemeinsam mit Einheiten der 2. und 3. Bomberdivision (insgesamt kamen an diesem Tag 1015 Bomber sowie 477 Jagdflugzeuge der US- Luftstreitkräfte zum Einsatz) , die unter anderen die Hydrierwerke in Merseburg und Lützkendorf angriffen. .Dabei hatte diese Maschine einen Treffer abbekommen Das Flugzeug musste aus der Staffel ausscheren und erreichte schwer beschädigt den Luftraum über der Werra. Es nahm schließlich Kurs auf Gerstungen und die besorgten Einwohner von Neustädt, die den Vorgang beobachten konnten, verfolgten diesen Flug mit bangen Blicken. Vermutlich wollte der Pilot eine Notlandung auf den Werrawiesen versuchen. In nur fünf bis zehn Meter Höhe überflog der Bomber die Dächer des Dorfes und erreichte dann beim Bahnübergang in Richtung Gerstungen die Erde. Wahrscheinlich explodierte die noch anBord befindliche Bombenlast und die Wrackteile der Maschine wurden weit verstreut. Die Druckwelle beschädigte einige Häuser in Neustädt. Die Mitglieder der Feuerwehr von Neustädt versuchten zu löschen. Lediglich einem Besatzungsmitglied war der rechtzeitige Ausstieg aus der Maschine mit dem Fallschirm gelungen. Acht Gefallene wurden auf dem Neustädter Friedhof beigesetzt. Im Sommer 1945 bargen dann amerikanische Soldaten ihre gefallenen Kameraden, wahrscheinlich wurden sie zu einem Friedhof in den USA umgebettet Die amerikanischen Luftstreitkräfte verloren bei diesem Einsatz insgesamt 14 Bomber sowie 7 Begleitjäger, auf deutscher Seite gingen 36 Jagdmaschinen verlustig(vgl. Informationen von Walter Hassenpflug sowie: Das Ende des II. Weltkrieges in Neustädt, Manuskript zu Zeitzeugenbefragungen, 2004).Höhepunkt dieser amerikanischen Luftangriffe wurde dann die sogenannte "Luftschlacht über Thüringen" am 27. Sept. 1944. An diesem Tag sollte die 445. Bombergruppe der 2. Division in der 8. Amerikanischen Luftflotte gemeinsam mit anderen Verbänden Kassel angreifen.Eine Bombergruppe mit insgesamt 35 Maschinen vom Typ "Liberator" kam jedoch wegen des Wetters vom Kurs ab und verfehlte auch das Ausweichziel, den Bahnhof von Göttingen. Auf dem Rückflug wurden die Bomber, die zu dieser Zeit ohne Jagdschutz waren, gegen 11.00 Uhr im Großraum Eisenach von Einheiten der deutschen Jagdgeschwader 3, 4 und 300 gestellt. Der Angriff entwickelte sich zum Debakel für die Amerikaner, die völlig überraschend von überlegenen deutschen Kräften angegriffen werden konnten. Trotz der eilig herbeigerufenen US-Jäger wurden 30 Bomber abgeschossen, hinzu kam eine Jagdmaschine vom Typ "Mustang". 118 amerikanische Piloten fanden dabei den Tod, 121 sollen in deutsche Gefangenschaft geraten sein. Auch 29 deutsche Jagdflugzeuge mussten als Verlust gemeldet werden, 18 deutsche Piloten fanden den Tod. amerikanischer Bomber amerikanischer Bomber "Liberator"Das Zentrum der Luftkämpfe lag zwischen den Gemeinden Herleshausen, Gerstungen, Lauchröden und Richelsdorf. Dieser schwerste Luftkampf in unserer Region konnte von vielen Bewohnern beobachtet werden. Es war die Zeit der Kartoffelernte und viele Menschen erleben die Kämpfe und Abstürze auf den Feldern. Zeitzeuge Karl-Heinz Schmedding aus Gerstungen schreibt: "... Es ist ein vollendetes Inferno. Bordwaffen knattern und knallen, die abgeschossenen Maschinen rasen mit Geheul und riesigen Flammenschweif, unter dem Krachen der explodierenden Munition herunter, manche montieren vollständig ab. Dumpfe Explosionen kennzeichnen die Aufschlagstellen, über denen feuerrote Glutpilze und schwarze Rauchsäulen stehen. Dazwischen gehen die weißgrauen Fallschirme der ausgestiegenen Besatzungen herunter. Was sie zur Erde bringen, hat oft nicht mehr viel Leben in sich. Überall in den Dörfern herrscht große Aufregung. Polizei, Feuerwehr und die aufgeregte Landbevölkerung nehmen die abgesprungenen Piloten gefangen. Hier und da kommt es zu Tätlichkeiten. In Gerstungen wird in Eile eine Aufnahmestation im HJ-Heim eingerichtet ..." (Schmedding, Karl-Heinz, Gerstunger Fliegergeschichten - Der Luftkampf über dem Werragebiet am 27.09.1944, in: Heimatblätter des Eisenacher Landes, 1992, S. 55 ff.).Als Absturzstellen der amerikanischen Bomber konnten, vor allem durch die Bemühungen von Walter Hassenpflug aus Ludwigsau-Friedlos (nordöstl. von Bad Hersfeld), Krauthausen, Herleshausen (Hahnhof + Siegelshof), vermutlich Archfeld , Nesselröden, Ulfen, Gerstunger Forst (2), Lauchröden (2), Richelsdorf (2), Hönebach, Iba, Cornberg, Friedlos und Reichenbach ermittelt werden. Ihm ist auch die Errichtung der deutsch-amerikanischen Gedenkstätte im Seulingswald bei Ludwigsau am 1. Aug. 1990 zu verdanken (Hassenpflug, Walter, Die deutsch-amerikanische Fliegergedenkstätte in der Gemeinde Ludwigsau, Presseinformation    Mihla,23.09.2004 - Lämmerhirt/Schmidt