1. Jh. Die historische Ecke - Flurnamen im Mihlaer Tal 

In der Generalkarte des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisnach zur Flur Mihla aus dem Jahre 1882 sind die meisten der damals bekannten Flurnamen eingetragen, eine wahre Fundgrube für den Historiker. Schauen wir uns einige an. 

Im Mihlaer Tal stoßen wir auf mehrere Bezeichnungen, die im Zusammenhang mit dem Namen „Saalrode“ stehen, so „Am Saalrode“, „Unter dem Saalrode“, „Über dem Saalrode“ und „Hinter dem Saalrode“. Eine ähnliche Bedeutung kennzeichnet die nur wenige Meter entfernte Flurbezeichnung „Am Rodeland“. Auch die eingangs des Tals bekannte Bezeichnung „Hinter dem Gebreite“ steht damit im Zusammenhang. Worauf beziehen sich all diese Flurnamen? 

„Saaland“ ist eine frühmittelalterliche Bezeichnung für Herrenland, den direkten Besitz eines Grundeigentümers. In Fränkischer Zeit, so alt könnte die Bezeichnung durchaus sein, meinte man damit den direkten Grundbesitz eines Wirtschaftshofes (Fronhof), das Grundeigentums des Besitzers, welches nicht in irgendeiner Form als Lehen oder Pacht vergeben war. 

In Verbindung mit der Silbe –rode wird nun deutlich, dass diese Ländereien, das Mihlaer Tal muss in mittelalterlicher Zeit als gutes Ackerland genutzt worden sein, gerodet worden sein, also von Wald zu Ackerland umgewandelt worden sein. Gleiches trifft dann natürlich auf den Flurnamen „Rodeland“ zu.

Wer waren aber diejenigen, die diese Rodungen vornehmen ließen und dem Wald damals so wichtiges Ackerland abgerungen haben? 

Zwei Vermutungen: Wir wissen heute, dass das Mihlaer Tal, an uralten Handelswegen vom Werratal über den Hainich gelegen, schon sehr früh besiedelt war. Spuren zweier Siedlungshorizonte unweit der „Harstallswiese“ wurden 1990 ergraben, eine frühgermanische Siedlung und ein frühmittelalterliches Dorf, von welchem wir sogar den Namen vermuten können: Harstall, der Stammort der gleichnamigen Adelsfamilie. 

So können die Herren von Harstall diejenigen gewesen sein, die im 11. und 12. Jahrhundert die Rodungen im Mihlaer Tal durchführen ließen. So erhielten sie eben „Saalland“, „Herrenland“, ein Eigengut an Anbaufläche, das für die Existenz ihrer Siedlung und des dort zu vermutenden ersten Burgsitzes der Familie nötig waren. 

Im 14. Jahrhundert wurde die Siedlung wüst, die Bewohner gingen in das größere und besser geschützte Mihla. 

Die Familie von Harstall hatte als landgräfliche „Beamte“ das Tal schon früher verlassen, zurück blieben die alten Flurnamen. Deren Flächen wurden dann sehr rasch wieder vom Wald bedeckt.

So könnte es gewesen sein… 

Einige Flächen blieben natürlich weiter in landwirtschaftlicher Nutzung. Daran erinnert der Flurname „Hinter der Gebreite.“ Diese Fläche liegt näher an Mihla und wurde sicher schon früh als Ackerland genutzt. „Gebreite“ bezeichnet ein landwirtschaftliches Gebiet, ein Feld oder eine Fläche, meist um die 50 Morgen angegeben. 

Aber auch hier gibt es einen Zusammenhang, der in Richtung „Herrenland“ zu deuten ist. Manche Historiker vermuten unter den Namen „Gebreite“ das ursprünglich nur dem Herrenhof zuzuordnende Land. 

Wir dringen tiefer in das Mihlaer Tal ein. „Am Döllenrain“ dürfte sich auf den früheren Eigentümer beziehen. Bäuerliche Namen Döll tauchen in Mihlas Vergangenheit immer wieder auf. 

Dann die bereits genannte „Harstallswiese“. Hier wurde schon immer der Standort der mittelalterlichen Siedlung Harstall vermutet. Dies hat sich nun bestätigt.

 „Hörschelborn“, die unter dem „Seegel“ seit Jahrhunderten gut schüttende Quelle, und Harstall stehen in enger Verbindung. Mit der „Mihlschen“ Abwandlung von „Harstallsquelle“ zu „Hörschelborn“ ist der alte Dorfbrunnen fassbar geworden. Noch tiefer im Tal grenzt das „Alte Feld“ an. Ein zur Siedlung Harstall gehörendes Ackerland, welches mit dem Untergang der Siedlung ebenfalls aufgegeben wurde, aber als früher genutztes, eben „altes Feld“, den Bauern in Erinnerung blieb.  


Die sagenumrankte Hörschelbornquelle.Wer regelmäßig daraus trinkt, wird 100 Jahre alt…(Foto Autor). 

Vom Mihlaer Tal in Richtung Kammerforst entwickelt sich das „Hühnerloch“. In dieser Gegend befanden sich die bevorzugten Jagdgebiete der Mihlaer Freiherren von Harstall aus Rotem und Grauen Schloss. Im dann bald „Hühnerloch“ genannten Seitental waren wohl Rebhühner anzutreffen, die dort eine beliebte Jagdbeute waren. Daher ließ Georg Ludwig Ernst von Harstall, der letzte Harstall im Grauen Schloss, gleich am Eingang auch ein Jagdhäuschen errichten. Ähnliches geschah am „Dachsberg“, dem Abschluss des Tales, ehe der Anstieg hinauf zur Höhe des Ihlefeldes begann. 

Das Jagdhäuschen am „Dachsberg“, 1889 erbaut, stand noch bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, ehe der Abriss kam. Das „Weidmanns Heil“ im Hühnerloch erhielt durch den neuen Waldeigentümer in diesem Bereich unweit der historischen Stelle sogar einen Neuaufbau. 

Zwischen Hühnerloch und altem Feld steigt linker Hand das „Walpertal“ hinauf zum Reckenbühl. Wieder so ein alter Flurname, der an vergangene Bedeutung erinnert. „Walper“ steht für „Wallfahrt“, also ein Weg, der in vorreformatorischer Zeit zu diesem Zwecke genutzt wurde. Das Walpertal ist sicher der uralte Weg vom Mihlaer Tal zum Ihlefeld und den dortigen klösterlichen Niederlassungen der Antoniusbrüder und später des Eisenacher Katharinenklosters. Der Hühnerlochweg, der heute genutzt wird, ist eine Kunststraße des letzten Jahrhunderts. 

Am Eingang des Walpertales erhebt sich der „Eierberg“. Er gilt als der „Wächter des Tales“ und damit auch für die Siedlung Harstall. Wir vermuten auf diesem Berg die erste Burg der Herren von Harstall, hoch über ihrem Dorf. 

An seiner Talseite standen früher die Wohnhäuser der Herren Wüstefeld und Kraft, die auf dem alten Feld zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Sägewerk betrieben, aber dazu in einem späteren Kapitel mehr. 

Hinsichtlich der Flurnamen im Mihlaer Tal bleibt die Bezeichnung „Am Seegel“ unklar. Was könnten unsere Vorfahren hier gemeint haben?  


Das harstallsche Jagdhäuschen „Weidmanns Heil“ im Hühnerloch, 1912 erbaut, Ortsarchiv Mihla. 

- Aus der Mihlaer Ortschronik -