1648 - Aus alten Zeiten: Von früheren Krankheiten - Die Situation der Menschen in Mihla nach dem 30jährigen Krieg 

Sehr schlimm ausgewirkt hatten sich die vielen während des Krieges aufgetretenen Krankheiten. Besonders die Hilflosigkeit der Menschen führte immer wieder zu Verzweiflung. Daran hatte sich auch nach dem Ende des Krieges und der Überwindung der schlimmsten Seuchen wenig geändert. 

Neben der Pest hatte auch die bereits seit dem 13. Jahrhundert bekannte Lepra Opfer gefordert. Dagegen wurde als einziges „Mittel" die strenge Isolation in einem von der Siedlung entfernt liegenden Siechenhaus angewendet. 

Auch in Mihla existierte, sicher aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg stammend, ein solches. In den Quellen des 17. Jahrhunderts als „Gemeindesonderhaus" vermerkt, wurde es erstmals 1627 im Kirchenbuch genannt. 

Seine Lage ist mit der Flurbezeichnung „Alter Siechengraben" zu erschließen. Über frühere Belegungen des Hauses ist nichts bekannt. Aus der Zeit des Krieges stammt eine Stiftung der Harstalls, in der sie dem Siechenhaus, wenn sich in ihm Mihlaer Einwohner „unrichtig" befinden, jährlich auf Gründonnerstag zweieinhalb Gulden zuweisen. Letztmalig belegt war das Siechenhaus bis zum Jahre 1667 durch einen Mihlaer Einwohner. Nach dessen Tode machte Pfarrer Himmel die Harstallsche Stiftung anderen wohltätigen Zwecken nutzbar. 

Noch lange Zeit wurde das Gebiet, das in unmittelbarer Nähe des „Goldberges", der alten Hinrichtungsstätte des Mihlaer Gerichts, und des „Hexentanzplatzes" lag, von den Einwohnern gemieden, bis das Gebäude gänzlich zerfallen war und in Vergessenheit geriet. 

Die Überwindung der Lepra im Ort gerade nach dem Krieg bedeutete aber keine Verbesserung der gesundheitlichen Verhältnisse insgesamt. Gegenüber anderen Krankheiten gab es noch immer keinerlei Schutz. Als einzige „medizinische Einrichtung" gab es in Mihla wohl seit dem 16. Jahrhundert die sogenannte „Badstube" („Badergäßchen"). Dort wohnte der Bader, der für allerlei Dienste, angefangen vom Bartscheren bis zum Behandeln einfacher Krankheiten und dem Zähneausziehen, herangezogen wurde. 

     
Der „Zahnbrecher“ am Werk. Zähneziehen im Mittelalter wurde öffentlich auf Jahrmärkten vollzogen. Nicht gerade zimperlich ging es auch beim „Bader“ zu, hier werden die Haare gepflegt. Aber er war auch für alle möglichen Krankheiten zuständig und tatsächlich konnte man dort auch ein Wannenbad nehmen, was allerdings lange Zeit wohl auch wegen der Hohen Ansteckungsgefahr bei der unhygienischen Wasserversorgung verpönt war. 

Neben dem Bader wurden häufig noch die „Kräuterweiblein" befragt. Jede Familie verstand sich auf die Anwendung von Heilkräutern, die an festgelegten Tagen - so dem „Kräutersonntag" - von ebenfalls festen Plätzen geholt wurden. 

Auch die Geburt verlief in vielen Fällen ohne ausgebildete Helfer. In der Gemeinderechnung von 1692 ist „Hausmiete" für die Hebamme genannt, die bei anstehenden Geburten aus Nachbarorten geholt wurde. Auch die Hilfe von Ärzten aus Eisenach wurde nur selten in Anspruch genommen, da die Kosten kaum erschwinglich waren. 

So waren die sozialen Verhältnisse in Mihla noch jahrzehntelang durch die Folgen des Krieges bestimmt. Es sollten beinahe 80 Jahre vergehen, bis die letzten Wunden des Dreißigjährigen Krieges endgültig geschlossen waren. 


In einer frühen Apotheke. Diese entstanden zuerst in den Klöstern, ehe sie dann auch in den größeren Städten heimisch wurden. Alle Bilder aus dem Zigarettenalbum „Deutsche Kulturbilder“, Hamburg 1934, Sammlung des Autors. 

Aus: Mihla - Aus der Geschichte eines Dorfes in Westthüringen, Rainer Lämmerhirt