1731 In alten Akten geblättert - Der Zug der Salzburger Emigranten 

In den Jahren 1731 bis 1733 und noch darüber hinaus bewegte ein Ereignis die Menschen nicht nur in unserer Region so intensiv, dass es Einzug in die Kirchenbücher und Gerichtsakten hielt: Der Zug der Salzburger Emigranten durch Deutschland bis nach Preußen, wo die Glaubensflüchtlinge mit offenen Toren auf Weisung des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm (Soldatenkönig) empfangen wurden. In einer durch die Pest entvölkerten Gegend waren sie als Neusiedler mehr als willkommen! 

Was war geschehen? Im erzkatholischen Salzburger Land lebte eine kleine Minderheit von Protestanten. Diese waren schon immer ein Dorn im Auge des damaligen Salzburger Erzbischofs. Sein im Oktober 1731 verkündetes Emigrationspatent widersprach dem Westfälischen Frieden von 1648, vor allem jedoch der Art und Weise der Ausweisung von Andersgläubigen. So wurde statt der festgelegten drei Jahren Besitzlosen nur acht Tage Abzugsfrist gewährt. Andere Regierungen, sogar der katholische Kaiser, wandten sich gegen diese Festlegungen und erreichten Zeitaufschub. Das war der Zeitpunkt, an dem der Preußenkönig die Aufnahme der Salzburger Protestanten in Ostpreußen verkündete. 

Im Frühjahr 1732 brachen diese dann auf. Vom April 1732 an verließ ein Wanderzug nach dem anderen das Salzburger Land. Im Spätsommer 1732 waren es bereits über 20.000 Menschen. Die Marschzüge wurden von preußischen Kommissaren organisiert und führten die Emigranten auf verschiedenen Wegen durch das südliche und mittlere Deutschland zunächst meist nach Berlin. Von dort ging es entweder weiter zum Schiffstransport ab Stettin über die Ostsee oder mit Pferd und Wagen nach Königsberg und weiter in das nordöstliche Ostpreußen. Dieser Zug von Glaubensflüchtlingen erregte die Menschen in den Gegenden, durch die diese zogen. 

Und nun kommt Mihla ins Spiel. 


Die „Gerichtslinde“ auf dem Mihlaer Propel sah 1732 nicht nur die Hinrichtung des Mörders Wräge, sondern auch den Gottesdienst, den der Mihlaer Pfarrer dort für die Salzburger Glaubensflüchtlinge abhielt. 

Sowohl in den Akten des von Harstallschen Gerichts als auch im Mihlaer Kirchenbuch wird über diese Begegnung mit den Salzburgern berichtet. So schreibt der Mihlaer Pfarrer Malsch, dass die Glaubenstreue der Salzburger einen tiefen Eindruck hinterließ. Weiter berichtete er, dass der zweite Zug der Flüchtlinge mit 930 Personen und 95 Wagen (!) am 22. August, von Meiningen kommend Eisenach erreichte und am Tag danach über Stregda weiter nach Mihla zog. Dort wurde auf dem Propel Rast gemacht und die Salzburger erhielten einen Willkommenstrunk. Der Pfarrer hielt einen Gottesdienst unter der Linde ab. Nach einer Abschieds- und Trostrede läuteten die Kirchenglocken, bis der Zug Mihla verlassen hatte. 

Die Salzburger marschierten über Kammerforst, Langula und Dorla weiter nach Mühlhausen. Abschließend bemerkte Pfarrer Malsch, der noch bis 1736 seinen Dienst in Mihla versah, die Erinnerung an diesen Zug von Menschen, die ihre Heimat verloren hatten, aber trotzdem treu zu ihrem Glauben standen, blieb für lange Zeit im Gedächtnis der Mihlaer. 

Rainer Lämmerhirt