1919 Aus alten Zeiten: Über 20 „Werraschwimmfahrten“ führten Teilnehmer aus Thüringen und Hessen nach Mihla 

Im August 1919 berichteten die Regionalzeitungen ausführlich über die erste Mihlaer Schwimmfahrt nach dem Weltkrieg. Der Mihlaer Sportverein habe dies organisiert und die Begeisterung und die Teilnahme seien unbeschreiblich gewesen. 

Lesen wir dazu in der „Eisenacher Zeitung“: „Der Sportclub 1912 hat zur Mihlaer Werraschwimmfahrt eingeladen. Es ist die erste Schwimmfahrt, die nach fünfjähriger Unterbrechung durch den Krieg, am 2. August 1919 wieder stattfindet. 

Aus ganz Thüringen trafen Teilnehmer mit der Eisenbahn ein und wurden mit Musikbegleitung zum “Engelhardtschen Gasthof“ (“Goldene Aue”) geleitet, wo der Mihlaer Verein ein “Willkommen” veranstaltete. 

Lastautomobile brachten weitere Teilnehmer aus Mühlhausen, Langensalza und Gotha herbei. Bei schönstem Wetter nahmen 200 Sportler am Schwimmen teil, die auf der 3.000 Meterstrecke von vielen Schaulustigen entlang der Werra begleitet wurden. 

Das Ereignis fand mit einem großen Schauschwimmen im Mihlaer Werrabad und einem anschließenden Ball einen weiteren Höhepunkt“. 

Jüngeren Lesern werden diese Zeilen nur schwer verständlich sein. Ein Schwimmfest in der Werra, so viele Teilnehmer und eine 3 Kilometer Strecke? Daher einige Zeilen zur Erklärung dieses Festes, welches jährlich (außer den Jahren 1914 bis 1918 im Weltkrieg bis zur letzten Schwimmfahrt im August 1938 durchgeführt wurde. 

Mit der aufkommenden Vereinsbewegung des 19. Jahrhunderts entstand in Mihla der Gedanke, einmal im Jahr ein Volksschwimmen in der Werra durchzuführen. 

Dahinter standen vernünftige Menschen, die dem Gedanken des „Volksschwimmens“ verschworen waren. Aber auch das jährliche Erleben von Übersetzübungen des in Langensalza stationierten Reiterregiments in Mihla über die Werra werden diese Gedanken beflügelt haben.

In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden die ersten “Schwimmfahrten” durchgeführt und bald stellte sich ein fester Ablaufplan ein. Organisator waren der Mihlaer Turnverein, dann der Sportclub 1912 und später der Schwimmverein. 

Die Teilnehmer wurden feierlich in Mihla begrüßt. Seit 1908 erfolgte die Anreise der Gäste meist mit der Bahn und daher ging es im Festzug mit Blasmusik vom Bahnhof zur Werra. Zwei Strecken wurden angeboten; eine längere, für geübte Schwimmer, von oberhalb Freitagszella, und eine kürzere Strecke. 

In Bekleidung von mit Zuschauern und sogar Blaskapellen besetzten Kähnen ging es die Werra abwärts bis zum Mihlaer Bad (am linken Werraufer, zwischen der heutigen Werrabrücke und Fährhaus gelegen). Übrigens waren auf diesen Kähnen auch Bierfässer installiert und wenn einer der Schwimmer eine Anfeuchtung auch von Innen benötigte, so lohnte sich ein kurzes Anlegen an einem der Kähne, um so einen Trunk zu nehmen! So wurde es jedenfalls von Teilnehmern berichtet… 

Im Mihlaer Werrabad fanden dann Siegerehrungen und Schwimmvorführungen aller Art statt, meist schloss ein gemütlicher Tanzabend die Schwimmfahrt ab. 

Die letzte Schwimmfahrt fand im Sommer 1938 statt. Dann beendete der 2. Weltkrieg dieses durchaus sportliche, aber auch fröhliche Treiben in der Werra. 

Nach dem Krieg gab es aus verschiedenen Gründen keine Wiederbelebung. Zu viele Männer, 172 allein aus Mihla, darunter auch viele der Organisatoren, waren im Krieg geblieben. Die Werra wurde durch die deutsche Teilung zum Grenzfluss und die Wasserverschmutzung hatte sich enorm erhöht. 

Übrigens, seit den 20er Jahren erhielten alle Teilnehmer eine Plakette zur Erinnerung. Einige dieser Plaketten können heute im Museum im Mihlaer Rathaus angeschaut werden. 


Die „Werraschwimmfahrt“ 1925 unterwegs in Richtung Mihlaer Werrabad. Gerade ist die Mihlaer Eisenbahnbrücke erreicht. Auf den begleitenden geschmückten Kähnen herrscht großer Betrieb. 


Eine Plakette der Schwimmfahrt aus dem Jahre 1930. Ein solches Erinnerungsstück erhielt jeder erfolgreiche Teilnehmer. 


Noch ein Blick auf das bunte Treiben im Wasser. Im Hintergrund ist Mihla zu erkennen…. Es ist geschafft, schnell noch ein Foto für den im Kahn mitfahrenden Reporter… 

- Ortschronist Mihla -