1924 - Berichte aus der Ortschronik Teil 2 

Februar 1924:

- Der Mihlaer Friedhof, vor 50 Jahren von der Kirche an den neuen Standort verlegt, ist übervoll. Es gibt daher Anträge im Gemeinderat, eine Verlagerung vorzubereiten. Nach längerer Diskussion werden drei neue Standorte vorgeschlagen: Am Hainberg, am Propelweg und im Lohfeld. Daraus wird später nichts. Die Gemeinde kann an der „Böhmschen Gasse“, heute Friedhofgasse, einige Grundstücke hinzukaufen und den Friedhof erweitern. 

April 2024:

- Die Brauerei “Rotes Schloss” stellt ihre Produktion ein. Der Besitzer Lichtenberg hat das genehmigte Braukontingent an die Aktienbrauerei nach Eisenach verkauft. Auch die noch recht neue Braueinrichtung im Cuxhof wird zu Geld gemacht. Damit erlischt das uralte (seit dem Jahre 1533 nachgewiesene) Braurecht in Mihla. 


Heute eine Rarität: Ein Bierdeckel der Brauerei “Rotes Schloß” in Mihla, die zuletzt mit der Brauerei Wanfried zusammenarbeitete. 1924 wurde das Braurecht verkauft, seitdem gibt es kein Mihlaer Bier mehr. 

April 2024:

- Der Druck, vor allem der Lauterbacher, auf die Thüringer Landesregierung, die Zusammenlegung von Lauterbach und Mihla aufzuheben, ist in den letzten Wochen immer größer geworden. Immer wieder werden Petitionen an den Landtag geschrieben. Nach der Bildung der neuen Landesregierung wird nun den beiden Gemeinden signalisiert, man möge in den Gemeinderäten Aufhebungsbeschlüsse fassen. Diese würden dann vom Landtag genehmigt und die Verschmelzung wieder rückgängig gemacht. 

  1. Mai 2024: Reichstagswahlen

- Am 4. Mai findet die Reichstagswahl statt. Die Ergebnisse aus Mihla: 

-Völkisch- Sozialer Block:            48 Stimmen

-Landbund:                              469 Stimmen

-Vaterländischer Volksverein:      43 Stimmen

-DVP:                                        68 Stimmen

-SPD:                                      590 Stimmen

-DDP:                                        41 Stimmen

-USPD:                                      14 Stimmen

-KPD:                                        19 Stimmen 

Gewinner der Wahl sind die Rechtskräfte. Erstmals kommt die NSDAP von Adolf Hitler auf 6,5 % der Wählerstimmen und stellt 32 Abgeordnete, die DNVP erreicht gar 19,5 %, die DVP 9,2 %. Der Landbund, beinahe nur in Thüringen stark, erreicht 1,9 Prozent (10 Abgeordnete) und geht bald mit der NSDAP zusammen. 

Die SPD verliert an Stimmen und erreicht im Reich nur noch 20,5 Prozent, die USPD versinkt in Bedeutungslosigkeit mit 0,7 Prozent. 

Starke Gewinne kann die KPD (12,5 Prozent) verzeichnen. Eindeutig schlägt auch bei dieser Wahl das Krisenjahr 1923 voll durch und stärkt vor allem die radikalen Parteien.

Die Mihlaer SPD kann dagegen ihre führende Rolle beim Wählerverhalten knapp behaupten. 

Ende Mai 2024:

- Ende Mai wird mit Bescheid des Landes die Gemeinde Mihla einschließlich Lauterbach aufgelöst. Lauterbach wird wieder eigenständig  

Juni 2024:

- Nachdem Lauterbach wieder selbständig geworden ist, müssen neue Gemeinderatswahlen durchgeführt werden. Sie finden am 16. Juni statt und bringen folgendes Ergebnis: 

-SPD: 262 Stimmen, Wirtschaftspartei (in Listenverbindung mit der SPD): 259 Stimmen, Bürgerliche Gewerbetreibende: 98 Stimmen, Bauernbund: 257 Stimmen. 

11 Sitze im Gemeinderat sind nach der Kommunalordnung Thüringens zu vergeben. Die SPD und die Wirtschaftspartei erhalten davon 7, erreichen also die absolute Mehrheit im Rat, 4 Sitze fallen an die beiden anderen Vereinigungen. Zur ersten Sitzung des neu gewählten Rates wird Heinrich Merten (SPD) zum Vorsitzenden des Rates gewählt. 

Als Gemeinderäte arbeiten nun: Heinrich Böhnhardt, Ernst Böhnhardt, Wilhelm Lerp, Heinrich Ullrich, Karl Eisenbrandt, Karl Hook, Dr. Evers, Christian Schreiber. Bürgermeister ist weiterhin Heinrich Meyfarth, sein Beigeordneter Herr Daut. Christian Schreiber arbeitet weiterhin als Schriftführer. 


Im August 2024 stellte der Drogist Willi Thomas den Antrag an die Gemeinde, am Ausgang des „Honiggrabens“ zur Neustadtstraße hin eine mehrstöckige Drogerie mit Wohnungen zu errichten. Das Foto zeigt die Situation vor dem Bau des „Hochhauses“, wie es bald von den Mihlaern genannt wurde. Dieses Grundstück hieß damals „auf der Burg“, als Erinnerung daran, dass hier die alte Dorfbefestigung beinahe rechteckig vom westlichen Höhenzug des „Honiggrabens“ zur nördlichen Seite der Neustadtstraße abknickte und aufgrund der Höhenunterschiede eine burgartige Befestigung bildete. 

Juli/August 2024:

- Der Zahnarzt Hans Kramer lässt sich als Kassenarzt in Mihla nieder. 

- Der Gemeinderat beschließt, Erwerbslosen künftig am Tage für 8 Stunden zur Arbeit heranzuziehen. Als Notstandsarbeiten werden Maßnahmen im Straßenbau festgelegt, so die Befestigung der Straße Mihla-Scherbda sowie die Ortsstraßen am Münster, Pfarrmünster und das Eisfeld. 

- Es wird beschlossen, das Rathaus abputzen zu lassen. - Die Firma von Samuel Nowatzky beginnt mit dem Abputzen des Rathauses. 

- Der Drogist Willi Thomas stellt an die Gemeinde den Antrag auf Neubau eines gemischten Geschäfts- und Wohnhauses am Honiggraben. Dort soll auch eine Drogerie eingerichtet werden. Die Gemeinde stimmt dem Antrag zu. 


Blick auf das neue Drogeriegebäude von Willi Thomas und die erste Tankstelle, die ebenfalls vom Drogeristen betrieben wurde. Das Wohnhaus über der Drogerie wurde „auf der Mauer“ errichtet. 

- Ortschronist Rainer Lämmerhirt -