1. Januar 1933 – Hitler an der Macht und die Folgen 

Viel geschah in diesem deutschen Schicksalsjahr 1933. Die politischen Auseinandersetzungen hatten ihren Höhepunkt erreicht. Für viele Menschen konnte das Alte so nicht mehr fortexistieren, die meisten Menschen verlangten Veränderungen. Aber wie weit sollten diese gehen? Über den Inhalt der Veränderungen wurde gestritten, heftiger, brutaler und rücksichtsloser als jemals zuvor. 

Diese Auseinandersetzungen vernichteten schließlich das althergebrachte Leben in all seinen Formen. Alles wurde anders. Manches schon 1933, noch mehr in den Jahren danach. Besser wurde letztlich kaum etwas, spätestens mit dem Ausbruch des Krieges 1939 begannen das immer mehr Menschen zu begreifen. 

Dies alles zu verstehen, den Wandel von demokratischen Verhältnissen zu einer letztlich blutigen Diktatur, fällt uns noch heute schwer, wie schwer muss es den Menschen vor 90 Jahren gefallen sein!

Gestritten wird bis heute, war der 30. Januar 1933, die Einsetzung Hitlers als deutscher Reichskanzler durch den Reichspräsidenten von Hindenburg, eine „Revolution“, wie es die Nazis sahen, eine „Machtergreifung“ oder eher eine Übertragung der Regierung an eine Partei, die keine Mehrheit im Reichstag hatte? 

Egal wie man es sehen mag, die Folgen waren eindeutig. Innerhalb weniger Wochen gelang es den Nazis die schwer angeschlagene Demokratie von Weimar völlig zu vernichten. Dies schafften sie immer am Rande der verfassungsmäßigen Legalität, aber auch mit Terror und Gewalt gegen ihre Gegner. Den Schlusspunkt setzten dann die Wahlen vom 5. März 1933 und das zur ersten Sitzung des neuen Reichstages verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“. Dieses genehmigte Hitler, fortan ohne den Reichstag zu regieren… Dagegen stimmten nur die noch anwesenden und nicht verhafteten 90 Sozialdemokraten, die legal gewählten Kommunisten konnten es nicht mehr tun. Diese waren trotz ihrer Wahl entweder bereits verhaftet, in Lagern oder auf der Flucht. Aber auch alle noch vorhandenen bürgerlichen Parteien, auch das Zentrum, stimmten für ihre eigene Machtlosigkeit. Danach ging alles ganz schnell auf dem Weg zur Diktatur. 

Eine kurze Darstellung der politischen Ereignisse in Deutschland im Verlauf des Jahres 1933 sei daher gestattet: 

Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident von Hindenburg Hitler zum Kanzler. Was nun folgte, scheint in seiner Rücksichtslosigkeit und brutalen Schnelligkeit ein unübertroffenes Meisterstück, wie man aus einem angeschlagenen parlamentarischen System eine Diktatur macht: 

  1. Februar: Hindenburg löst den alten Reichstag auf und verkündet Neuwahlen am 5. März.          Bis dahin kann die neue Regierung, sprich Hitler, mit „Notverordnungen“ ohne                          Zustimmung des Reichstages regieren! 
  1. Februar: Der Reichspräsident verkündet (auf Antrag Hitlers) in einer Notverordnung, dass die SA und Stahlhelm während des bevorstehenden Wahlkampfes zur „Hilfspolizei“ werden.        Damit ist der Terror legalisiert. 
  1. Februar: „Säuberungen“ im Staatsapparat beginnen. Entlassen werden zuerst Mitglieder anderer Parteien und Juden. 
  1. Februar: Der Reichstag in Berlin brennt. Die Notverordnung „Zum Schutze von Volk und Staat“  wird erlassen und setzt die letzten Grundrechte außer Kraft. Tausende kommen in        sogenannte „Schutzhaft“. 
  1. März: Die letzte Reichstagswahl unter noch halbwegs demokratischen Bedingungen findet statt. Die NSDAP verfehlt ihr Ziel der absoluten Mehrheit; sie erhält 43,9 Prozent der Stimmen. 
  1. März: Die „Gleichschaltung“ der Länder beginnt. Nazi-Reichskommissare ersetzen die          gewählten Regierungen. 
  1. März: Der neugewählte Reichstag verkündet gegen die Stimmen der SPD-Abgeordneten das      „Ermächtigungsgesetz“. Die Diktatur ist da. 

Nach der Mihlaer Chronik geschah hier in dieser Zeit Folgendes: 

- Am 1. März erfolgt ein Propagandamarsch zur Vorbereitung der Reichstagswahl. Von Neukirchen aus marschieren mehrere SA-Stürme über Berka, Bischofroda und Lauterbach nach Mihla. Dort findet die Abschlusskundgebung statt. Die Hauptforderung der Redner ist: „Die NSDAP in die Rathäuser!“ In Mihla hatte die SPD die Mehrheit im Gemeinderat und stellte auch den Bürgermeister. 


Propagandamarsch der NSDAP mit Kapelle und Fahne durch Mihla. Noch hat Hitler nicht gesiegt, noch gibt es nur die Hakenkreuzfahne im Marschzug, gleich hinter der Musik. 

- Die mit großer Spannung erwarteten Reichstagswahlen finden in Mihla ohne größere Zwischenfälle statt. 

Folgende Ergebnisse gibt es: 

- NSDAP:               682 Stimmen,

- SPD:                     532 Stimmen,

- KPD:                      62 Stimmen,

- Reichsbanner:         79 Stimmen. 

Damit ist es der NSDAP gelungen, in der „SPD- Hochburg“ Mihla erstmals eine Mehrheit zu erringen. Große Wirkung erzielte der gemeinsame Fackelzug der NSDAP-Formationen gemeinsam mit dem Mihlaer „Stahlhelm“, der mit vielen Reden vor dem Kriegerdenkmal vor allem die noch schwankenden ehemaligen Frontsoldaten angesprochen und beeinflusst hat. 

- Am Tage nach der Wahl organisiert die Mihlaer NSDAP gemeinsam mit der SA eine Großkundgebung, in der die Forderung nach der „Übergabe des noch durch die SPD regierten Rathauses“ gestellt wird. 

Am Schluss der Veranstaltung marschiert eine SA-Abteilung vor das Mihlaer Rathaus und hisst dort unter starker Beteiligung der Bevölkerung die Hakenkreuzfahne. 

- Am 13. März fordern Vertreter der Mihlaer NSDAP während einer Ratssitzung die Übertragung der politischen Macht im Ort an die Partei. Dabei kommt es zur Androhung von Gewalt durch in das Rathaus eingedrungene SA-Männer. Öffentlich werden die SPD-Räte, die die Mehrheit im Gemeinderat stellen, der Korruption und der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigt. 

Die energisch protestierenden SPD-Räte wurden schließlich gezwungen, den Sitzungssaal zu verlassen. Die dann noch anwesenden Ratsmitglieder übertragen das Bürgermeisteramt, welches bisher nach dem Tode Hörschelmanns vom 1. Beigeordneten Adam Felsberg ausgeführt wurde, kommissarisch an den Kaufmann Paul Lämmerhirt. 

Damit war auch in Mihla wie in allen Nachbarorten die diktatorische Herrschaft der NSDAP Wirklichkeit geworden. 

Finstere Zeiten begannen, die in der Katstrophe des 2.Weltkrieges mündeten. 


Umzug des Mihlaer Militärvereins durch den Ort, zwei Jahre später. Nun ist geradezu Pflicht, entsprechend zu flaggen. 

Rainer Lämmerhirt, Mihla