Die Krauthäuser Obermühle - Ein Kleinod im Tal der Madel 

Die Anregung für einen Besuch erhielt ich von der Mitarbeiterin der Unteren Denkmalbehörde, verbunden mit der Bitte, das seit einigen Jahren laufende Vorhaben der Sanierung der Anlage mit meinen Möglichkeiten zu unterstützen. 

Dazu war ich gern bereit und so kam es zu einem Besuch bei Ralf Hering und seiner Mühle im Krauthausen. Es wurde ein sehr interessanter Vormittag. Ich konnte viel lernen über die Geschichte der alten Wassermühle. 

Das kleine Flüsschen Madel trieb bis vor gut hundert Jahren drei Wassermühlen an, ehe es der Werra zustrebte und diese erreichte. In der Ortslage war es die Obermühle, gleich am Eingang des Dorfes von Madlungen her, unweit der Kirche. Dann folgte die Mittelmühle und in Lengröden die Untermühle. 

Der frühere Verlauf des Oberwassers, welches von der Madel mit einem enormen Arbeitsaufwand abgezweigt wurde und mit Unterstützung eines Wehres einen möglichst gleichmäßigen Wasserschwall oberschlächtig auf das Wasserrad der Obermühle fließen ließ, ist noch heute erkennbar. Großer Respekt für diese ingenieurtechnische Leistung unserer Vorfahren, die mit einfachen Mitteln das Oberwasser anlegten und über viele Jahre für das Funktionieren sorgten! 


Täuschend ähnlich. An dieser Stelle befand sich das einst oberschlächtig angetriebene Wasserrad der Krauthäuser Obermühle. Reste der Wasserrinne sind noch vorhanden. Als optischer Hingucker wurde durch einen Künstler das alte Wasserrad nachgezeichnet. 

Ein erster Exkurs zur Mühlengeschichte allgemein: Bereits im 4. Jahrhundert vor Christi erkannten griechische Techniker, welche Möglichkeiten der Einbau eines Rades in einen Wasserlauf bringen konnte. Am Anfang standen daher die Nutzung der Wasserkraft zur Bewässerung als Schöpfrad, für das Anheben von Wasser in Bewässerungssystemen und ähnlichem. 

Die Römer gingen dann dazu über, die Wasserräder auch zum Antreiben von Mahlmühlen zu nutzen. Sichere Aufzeichnungen datieren im 1. Jahrhundert nach Christi. Diese Mühlen wurden allerdings unterschlächtig getrieben, das Wasserrad wurde in den Wasserlauf hineingestellt. 

Nach der Verbreitung der Wassermühlen im ehemaligen Germanien durch die Römer war es dann nur eine Frage der Zeit, bis findige Mühlenbauer die oberschlächtig betriebene Mühle als energetisch effektiver auf den Weg brachten. Vermutlich im 13. Jahrhundert gelang der Durchbruch dieser Antriebsart, als auch die technischen Voraussetzungen so weit waren. Häufig waren die Mönche der damaligen Klöster auch diejenigen, die diesen Fortschritt in unsere Dörfer brachten. 

Und hier wird es wieder für die Krauthäuser Obermühle interessant. Eigentümer Ralf Hering forscht selbst zur Geschichte seiner Mühle und ist auf die Spur gekommen, dass diese ursprünglich zum Eigenbesitz der Klöster Volkenroda und Reifenstein gehörte. Dies ist gut vorstellbar, besaßen doch beide Klöster, Reifenstein als Gründung Volkenrodas, viel Streubesitz in Thüringen. 

Wie alt die Obermühle tatsächlich ist, kann nicht gesagt werden. Vielleicht ergaben sich bei weiteren Nachforschungen noch einige Urkunden, aber die meisten unserer Wassermühlen bestanden dann bereits im 15. und 16. Jahrhundert, zur Zeit Martin Luthers. Schon bald hatten die Besitzer der Mühlen erkannt, welche guten Einnahmequellen sie mit den meist an Fachleute, eben die Wassermüller, verpachteten Mühlen darstellten. 

Neben dem Mühlenrecht und dem Mühlenzwang, der insbesondere für Getreidemühlen galt, waren für Wassermühlen noch einige zusätzliche Regularien von Bedeutung: Für die Nutzung des Staurechtes wurden meist besondere Abgaben wie Wasserzins fällig, wir würden heute Steuern zahlen, die oft auf die gesamte Dorfgemeinschaft umgelegt wurden. Gemahlen werden musste ja und durch den Mühlenzwang hatten die Bauern im Dorf keine andere Möglichkeit. 

Zurück zur Obermühle: Hier ist die gesamte Technik der Mühle, gewissermaßen das „Innenleben“ noch gut erhalten.  Die Mühle wurde vor etlichen Jahrzehnten auf elektrischen Betrieb umgestellt, vom alten Wasserrad sind nur noch Reste erhalten, aber alles, von der Mehlreinigungsanlage über die Mischmaschine, mit der der Müller die gewünschte Mehlqualität herstellen konnte, über die Mahlgänge und die Einsackung, alles kann sofort in Betrieb genommen werden. 


Ein Blick in die noch voll funktionstüchtige Anlage der alten Mühle. 

Gerade das macht die Krauthäuser Mühle so interessant und wertvoll. Deshalb ist Besitzer Ralf Hering auch Mitglied im Thüringer Landesverein für Mühlenkunde und öffnete seine Mühle bereits zu Mühlentagen am Pfingstmontagen, mit sehr großem Erfolg. 

Eine Sanierung der Gebäudesubstanz ist allerdings dringend erforderlich. Das Bauwerk wurde über die Jahrzehnte mehrfach verändert, so zum Beispiel aufgestockt, wodurch sich im Giebelbereich bauliche Schwachstellen ergeben. Das hat auch das Amt für Denkmalpflege erkannt. Als ganz besonders wichtig erscheint daher die Zusage der Aufnahme der Obermühle in das Programm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Wahrscheinlich wird es auch einen Bericht in deren Fachzeitschrift „Monumente“ geben. 

Schon jetzt muss gesagt werden, dass dieses Projekt alle nötige Unterstützung erhalten sollte. Es besteht die Möglichkeit, eine funktionierende ehemalige Wassermühle zukünftig einem ständig zunehmenden historisch interessierten Publikum zu präsentieren und so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von beinahe vergessener Technik zu leisten. 


Hier muss saniert werden, Giebelfront der Mühle. 

Wenn die Krauthäuser Obermühle dereinst wieder ihre Tore öffnet, dann kann man noch mehr besichtigen und staunen: Der Mühlenbesitzer hat einen originalen Backofen flott und gängig gemacht. Die „gute Stube“ der früheren Müller ist als kleiner Museumsraum hergerichtet und sehenswert ist die Sammlung von historischen Mehlsäcken. Es war üblich, dass sich die Eigentümer des Sackes mit Inschrift und Jahreszahl verewigten, eine Sammlung entstand damit quer durch unsere Region. Das macht dieses Objekt zu einem Kleinod der Mühlengeschichte in unserer Region. 

Rainer Lämmerhirt
- Ortschronist Mihla und Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins Mihla -