Kriege im Werratal: 30 Jahre Krieg - Widerstand gegen die Soldateska 

Seit es den denkenden Menschen gibt, gehören Kriege beinahe zum Alltag. Immer geht es um mehr Gebiet, mehr Einfluss, mehr Macht. Und immer sind die Menschen, die an den Kämpfen beteiligten und geschädigten Soldaten, aber auch deren Angehörige und  die Zivilisten die Betroffenen. Kriege haben nie Gewinner, immer nur Verlierer…Besonders schwere Auswirkungen brachte der 30jährige Krieg mit sich. Eine Menschengeneration durchzogen die wildesten vorstellbaren Kriegshorden unsere Heimat, Plündern und Morden war ihr Geschäft. Die Zerstörungen waren schlimmer als jene durch den II. Weltkrieg. Ende der 30er Jahre, als das Leiden kaum noch steigerbar war, regte sich bei den Bewohnern unserer Dörfer erster Widerstand gegen die wilden Söldnerhaufen, die nur noch mord und Totschlag sowie Plündern kannten...

Am 14. September 1632 überfielen mehrere marodierende Söldner das Forsthaus Reckenbühl, um die dortigen Pferde zu stehlen. Der Anschlag gelang jedoch nicht, die Bewohner des Forsthauses setzten sich zur Wehr. In einem Feuergefecht wurden die Räuber zersprengt, ein Söldner getötet und ein zweiter schwer getroffen.

 

Bewaffnete Bauern, Förster oder Defensioner (eine Bauernmiliz, die von den Ortsadligen geführt wurde) konnten also gegenüber kleinen Einheiten der Söldner allein schon wegen des Überraschungsmomentes Möglichkeiten eines erfolgreichen Kampfes erreichen.

 

Größere Widerstandsaktionen sind allerdings nicht überliefert. Aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges wurden bis in unsere Zeit Sagen von Generation zu Generation weitergegeben, die von Räubern im Hainichwald berichten. Ebenfalls damit in Verbindung gebracht werden die noch heute am Weg von Mihla nach Kammerforst befindlichen beiden Steinkreuze. Der so genannte „Schützstein" an der Ausfahrt des Forsthauses Reckenbühl trägt die eingeritzte Nachricht vom 1640 erfolgten Mord an einem Conrad Schütze, wenige Meter weiter wird mit dem „Magdkreuz" eine Räubersage verbunden. Diese Sagen verweisen auf Widerstandsaktionen aus dieser Zeit.

 

Nach der Pestwelle brachten die Jahre nach 1640 für Mihla neues Leid. Der Eintritt der Schweden in den Krieg 1630 hatte bereits eine Verrohung der Kriegsführung mit sich gebracht. Die Schweden besetzten bald ganz Thüringen. Von Creuzburg aus trieben sie immer höhere Steuern und Unterstützungsgelder für die „gerechte Sache" ein. Mehrfach mussten die Dörfer der Ämter Eisenach und Creuzburg „Freiwillige" des Ausschusses für den Kriegsdienst in der schwedischen Armee stellen. Zu diesen von Jahr zu Jahr unerfüllbarer werdenden Forderungen kamen die ständigen Raubzüge der im Eichsfeld liegenden kaiserlichen Truppen.

 

Kriege im Werratal: 30 Jahre Krieg - Widerstand gegen die Soldateska 

Die Rache der Bauern, Radierung (1643) von Hans Ulrich Franck, DDR- Lehrbuch für Geschichte, Volk- und Wissen, Klasse 7.

 

An die Anwesenheit der Schweden im Ort erinnern mehrere Eintragungen im Kirchenbuch. Häufig musste der Pfarrer den „Glaubensgenossen" bei geistlichen Handlungen zur Seite stehen. 1634 wurde in der Kirche ein auf dem Eichsfeld geborenes Kind eines schwedischen Offiziers getauft. Die Mutter hatte das Kind nach Mihla gebracht, weil der Vater "... es von den Catholischen nicht taufen lassen (wollte) ...".

 

1636 wurde nach Eintragung im Sterberegister der Kirche ein Sohn des schwedischen Offiziers Ivan Keller in Mihla beerdigt. Der Offizier spendete zum Gedächtnis an das Kind der Kirche einen silbernen Altarkelch, welcher, um 1500 entstanden, wohl zum Beutegut der Schweden gehörte. 1640 lagen in und um Creuzburg 5 verschiedene Heerhaufen. Zu den Schweden hatten sich nun noch die Hessen, die Weimaraner, Lüneburger und die Franzosen gesellt. Allein Creuzburg musste für die Unterbringung der Heerhaufen und ihrer Generäle in 3 Wochen 20 000 Gulden aufbringen; aber auch den Dörfern des Amtes ging es nicht besser. Der Krieg sollte noch 8 Jahre weitergehen, und noch beinahe 10 Jahre waren die Schweden im Lande!

 

Die Nachrichten aus den letzten Kriegsjahren sind recht spärlich. Wir wissen aber, dass zu allem Unglück 1645 eine Feuersbrunst zusätzlichen Schaden anrichtete. Wie unsicher die Zeiten waren, zeigte das Geschehen im Jahre 1647. In unmittelbarer Nähe des Dorfes, an der Sandmühle, wurde am helllichten Tag einer der wenigen Fernhändler, ein Fuhrmann aus Friedensdorf, von Räubern überfallen und ausgeplündert. Fuhrmann und Fuhrknecht fanden dabei den Tod.

 

Noch im Winter 1647 waren die Mihlaer auf der Flucht vor Söldnern. Wie schon oft vorher versteckten sie sich bei bitterer Kälte im Hainichwald. Der Pfarrer hielt dazu im Kirchenbuch fest, dass sich „... Hans Steinmetzen junger Geselle ... aus Furcht vor den Soldaten bei großer Kälte im Wald die Füße erfroren (habe)."

 

Kriege im Werratal: 30 Jahre Krieg - Widerstand gegen die Soldateska

 Söldner drangsalieren Dorfbewohner, Radierung (1645) von Hans Ulrich Franck, DDR-Lehrbuch für Geschichte, Volk und Wissen, Klasse 7.

 

Noch mindestens vier Jahre, bis 1650, waren Soldaten in der Region. Auch nach dem Friedensschluss 1648 hatten es die Söldner nicht eilig, unsere Dörfer zu verlassen, zumindest nicht solange es noch zu Plündern gab.

 

R. Lämmerhirt

 

 

Mihla, 26. 02. 2015