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Stand Juli 2020
Operation ?Argument?, Teil 2
Ein Beitrag zur Luftkriegsgeschichte des Jahres 1944
Stunden vor dem Angriff, am Abend des 23.02.1944, wussten die Offiziere !!(20-23 Jahre alt) bereits, dass sie am 24.02.1944 einen Einsatz fliegen würden. Sie waren früh zu Bett gegangen, fanden aber keine Ruhe. Sie dachten an die ?Eventualitäten?, die der nächste Tag bringen konnte. Oft wurden sie, wenn der Schlaf zu gewinnen schien, von Arthur Harris Bombern geweckt, die sich über der Nordsee für einen Nachtangriff auf das ?Reich? formierten. Der Kampf zwischen Wachsein und Schlaf endete endgültig als sie einen Jeep vor ihrer Nissen Hütte (eine Behausung aus Wellblech mit halbrundem Dach) halten hörten. Ein Staff Seargent kam herein und sagte: Guten Morgen Sir, Sie fliegen heute. Frühstück um 5.15 Uhr, Briefing (Einweisung über die Einsatzziele) um 6.00 Uhr, Start um 9.00 Uhr.
Auch die Mannschaften wurden nun geweckt. Weil sie erst jetzt erfuhren, dass sie an diesem Tag fliegen sollten, war die Phase der emotionalen Anspannung etwas kürzer. Wir kennen alle dieses Gefühl der Unruhe bevor wir eine Reise antreten. Ist man erst einmal unterwegs entspannt man sich.
Auch die jungen deutschen Piloten wussten, dass etwas in der Luft lag. Konnten sie heute die Distanz zwischen 1000 Metern und 600 Metern lebend überwinden? Dieser Abstand von den Bombern war wie ein Minenfeld. Die Wahrscheinlichkeit vom konzentrierten Abwehrfeuer der Bomber vernichtet zu werden, war in dieser Entfernung besonders groß.
Der Bomberstrom überquerte gegen 11.32 Uhr die Küste des Kontinents, begleitet von zwei Fighter Groups mit P-47 Jagdflugzeugen, die Begleitschutz flogen. Um 12.29 Uhr wurden diese beiden Gruppen im Raum Osnabrück von drei Gruppen P-51 abgelöst. Um 13.18 Uhr stießen zwei weitere Begleitschutz Gruppen bestehend aus P-51 und P-38 im Luftraum von Bad Hersfeld hinzu. Der Angriff auf Gotha begann um 13.19 Uhr. 169 B-24 Bomber warfen 372 Tonnen Bomben ab. Um 13.33 Uhr erfolgte der Rückflug mit Kurs zunächst über den Thüringer Wald und am Wendepunkt über der Stadt Suhl Richtung Westen. 33 Bomber schafften es nicht und auch die Deutschen verloren 45 Flugzeuge. Allein 12 amerikanische B-24 wurden im Gebiet zwischen Gotha und Langenfeld abgeschossen und das ziemlich zeitgleich.
Neben Lt. Cox in Ruhla verlor die 392nd Bomb Group drei weitere Flugzeuge in kurzer Folge. Lt. White stürzte am Kornberg ab. Auf dem Foto ist deutlich das große D, Zeichen der 392nd BG, zu erkennen. T/S Wenzlaff von diesem Flugzeug wurde in der Nähe von Gotha auf einem kleinen Dorffriedhof begraben. Lt. Patterson`s B-24 ?Black Widow?, Tailnumber 42-7527, zerschellte bei Schnepfental und schließlich Lt. Johnston bei Waltershausen. Lt. Johnston, Lt. Kelleher und S/S Hight wurden am 4.März 1944 auf dem Friedhof in Waltershausen, Grabnummern 301-303, beigesetzt und am 2.August 1948 exhumiert und auf den amerikanischen Soldatenfriedhof in den Ardennen zur letzten Ruhe umgebettet. 15 junge Männer dieser Bomb Group starben beim Absturz dieser vier Flugzeuge.
Neugierige und Bergungseinheiten an der Absturzstelle der B 24 von Leutnant White am Kornberg. Das taktische Zeichen der Bombergruppe, das ?D?, ist gut zu erkennen.
Viele kamen aus den großen Städten Amerikas, wo sie an Fließbändern oder in den damals dort schon existierenden Supermärkten eintönige, langweilige Arbeiten verrichtet hatten, andere waren Landwirte und stammten aus den fast menschenleeren Gebieten dieses großen Landes, wo ihre Familien auf kleinen Farmen auf sehr harte Weise ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Auch Studenten und Akademiker waren unter ihnen. Kurz um ? sie kamen aus allen Schichten Amerikas. Durch den Krieg hatten sie plötzlich die Gelegenheit Länder kennen zulernen, in die sie sonst nie gekommen wären und natürlich wollten sie nach dem heimtückischen Angriff der Japaner auf Pearl Harbour und dem damit erzwungenen Kriegseintritt Amerikas ihrem Land dienen. Aber nach wenigen Kampfeinsätzen waren aus diesen ?Kindern? gezeichnete Männer geworden. Sie konnten nicht damit leben, was ihre Bombenangriffe am Boden für Leid und Zerstörung verursacht hatten. Einige trösteten sich damit, dass man ihnen gesagt hatte, ihre Ziele seien ausschließlich militärische Objekte. Aber nicht wenige waren total abgestumpft. Selbst im Schlaf träumten sie von den kleinen schwarzen Wolken, verursacht von explodierenden Flakgranaten. Sie waren das Symbol für Verletzung, Schmerz und Tod. Sie mussten oft mit ansehen, wie diese schwarzen Wolken immer näher kamen und plötzlich ein leuchtender Feuerball an der Stelle stand, an der eben noch ein Flugzeug ihrer Gruppe seine Bahn flog. Sie erlebten mit wie ihre jungen Kameraden und Freunde aus dem Leben gerissen wurden.
Die 389th BG erlitt ein ähnliches Schicksal wie die 392th BG. Sie verlor kurz nach dem Angriff, beim Abflug von Gotha fünf Flugzeuge.
Lt. Belanger stürzte mit seiner B-24, Tailnumber 42-73504, bei Finsterbergen, am Forsthaus an der Wacht ab. Das Flugzeug explodierte in der Luft und 9 Flieger starben. Weil der Schnee so hoch lag konnten die Toten nicht vor dem 26.02.44 geborgen werden. Der Bürgermeister von Waltershausen sorgte dafür, dass sie dann eine würdige Bestattung bekamen. Später wurden sie auf amerikanische Soldatenfriedhöfen in Frankreich, einige auch in die Heimat, überführt.
Lt. Nowak, B-24, Tailnumber 42-109828, versuchte verzweifelt die ihn verfolgenden deutschen Jäger los zu werden. Er erhielt zuerst einen Treffer in Motor Nummer 4, dann einen weiteren in Motor Nummer 2. Seine heftig zerschossene Maschine schaffte es aber nur noch bis in die Nähe von Brotterode, wo sie am Krätzersrasen zerschellte. Fünf Besatzungsmitglieder starben.
Die Besatzung von Lt. Nowak.
Beim Absturz ihrer B 24 starben fünf von ihnen Archiv Hälbig.
T/Sgt. Spadafora wurde am ?Hexenberg?, in der Nähe von Schweina tot in einem Baum hängend gefunden. Die anderen vier, S/Sgt. Treat, S/Sgt. Walker, S/Sgt. Kantlehner und S/Sgt. Keener, fand man tot im Wrack des Flugzeuges und waren vermutlich schon während der Kampfhandlungen getötet worden. Sie wurden zunächst nahe der Absturzstelle am Rennsteig beigesetzt, bevor sie exhumiert wurden und ihre letzte Ruhestätte in den USA und zwei von ihnen auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof in den Ardennen, Belgien, fanden. T/Sgt. Spadafora war ursprünglich auf dem Friedhof in Bad Salzungen bestattet und ruht heute in Lorrain, Frankreich - ebenfalls ein amerikanischer Soldatenfriedhof.
Lt. Gold, B-24 D, 42-40807, stürzte um 13.00 Uhr in Massbach nahe Oechsen ab. Sechs Flieger starben,, vier kamen in Gefangenschaft. Drei von ihnen konnten nach dem Krieg nicht eindeutig identifiziert werden und ruhen heute in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Arlington National Cemetery, Virginia. Zwei wurden in ihre Heimatorte überführt, einer verblieb in Lorrain, Frankreich.
Lt. McMullin, B-24 D, 42-40733, wurde von Jagdflugzeugen angegriffen. Sie schossen die Treibstofftanks und die Sektion Bomb Bay in Brand und das Flugzeug stürzte um 13.35 Uhr in Stadtlengsfeld ab. McMullin aus Akron, Ohio, war zu diesem Zeitpunkt bereits tot und wurde zum Teil verbrannt, besonders im Schädel und Gesichtsbereich, neben dem Flugzeugwrack gefunden. Die überlebenden Besatzungsmitglieder wurden in der Nähe von Tiefenort aufgegriffen und traten von dort den Weg in die Gefangenschaft an.
Lt. Carlton`s B-24D-80-CO mit der Tailnumber 42-40619, flog ebenfalls ihrem endgültigen Schicksal entgegen. Es war die 32. Mission dieses Flugzeuges und es hatte eine interessante Geschichte hinter sich.
Lt. Gen. Henry H. ?Hap? Arnold, Commander der U. S. Army Air Force, rief im Dezember 1942 das COA ( Committee of Operations Analysts ) ins Leben. Seine hochkarätigen Mitglieder kamen aus Politik, Wirtschaft und Justiz oder waren Historiker und Intellektuelle. Thomas W. Lamont von J. P. Morgan and Co., der Anwalt George W. Ball oder der Militärhistoriker Edward Mead Earle, um nur einige zu nennen, waren unter ihnen.
Sie sollten in einer Analyse der deutschen Wirtschaft Bereiche fokussieren, die zu bekämpfen als Kriegs entscheidend anzusehen waren. Im März des Jahres 1943 legten sie eine Liste mit ausgewählten Zielen vor. Sie beinhaltete im Wesentlichen 3 verschieden Angriffsschwerpunkte. Zum einen die Ölindustrie, dann die Kugellagerindustrie und zum dritten die Flugzeugindustrie. Diese Luftwaffen bzw. Flugzeugindustrie relevanten Operationen nannte man ?Pointblank?. Das bedeutete , die Ziele waren in Schweinfurt und Regensburg ( Kugellager und Flugzeugfabriken ), was eine schwierige Mission werden würde, da die Bomber über große Teile des Weges wegen der geringen Reichweite der Jäger ohne Begleitschutz sein würden. Ploesti in Rumänien ( Ölindustrie ) kam jedoch einem Selbstmord gleich, weil die Bomber, von Afrika operierend, zu keinem Zeitpunkt Begleitschutz hatten. Aber die ?Operation Tidal Wave? wurde geplant.
Der Gefreite aus Österreich hatte die Welt mit einem verbrecherischen Krieg überfallen und hatte dies nicht wie ein ?Feldherr?, sondern wie ein Poker - Spieler getan. Mit einer strategische Reserve an Diesel, Flugbenzin und anderen Ölprodukten, die für nicht ganz zwei Monate reichte, um seine Kriegsmaschine am Laufen zu halten, hatte er einen Weltkrieg begonnen. 60 Prozent der deutschen Ölfabrikate kamen zu jener Zeit aus Rumänien und somit war diese Mission eminent wichtig. Dies beurteilten auch die Mannschaften so, die wussten, dass mit Verlusten von 50 Prozent zu rechnen war.
Es wurden sieben Kampfgruppen gebildet : Lt. Compton sollte Kodename White I ( Romana Americana Raffinerie), Lt. Baker ,White II ( Concordia Vega ), Major Potts ,White III (Unirea - Spiranza) , Lt. Kane ,White IV ( Astra Romana ), Lt. Johnson ,White V ( Colombia Aquila ) angreifen, während Lt. Posey gegen Blue I ( Creditul Minier Brazi ) und die Sky Scorpions unter Jack Wood gegen Red I ( Steaua Romana ) in Campina fliegen sollten.
Was die Amerikaner nicht wussten war, dass die Deutschen ihren Kode geknackt hatten und sie erwartet wurden. Was die Deutschen nicht wussten war, dass die Amerikaner mit ihren schweren Bombern im Tiefflug, in Baumwipfelhöhe, angreifen würden, was zum einen ihre Ortung erschwerte und zum anderen die deutsche Luftabwehr vor Probleme stellte, waren doch ihre 88 Geschütze auf hoch fliegende Objekte eingestellt.
Die Schlacht war verheerend. Zwar gelang es den Amerikanern 60 Prozent der Produktionskapazität von Ploesti zu zerstören, aber der Preis war ebenfalls sehr hoch. 310 Amerikaner wurden getötet, 130 wurden zum Teil schwer verwundet und über 100 kamen in Gefangenschaft. Nur 33 B-24, von 178 Flugzeugen, die am Angriff teilnahmen, konnten am nächsten Tag wieder eingesetzt werden. Die B-24, der Sky Scorpions, Tailnumber 42-40619, kommandiert von Lt. Ward, war unter ihnen und hatte ihr Angriffsziel voll erreicht. Blue I und Red I konnte während des gesamten Krieges keine Ölprodukte mehr herstellen.
Nun aber war ihre Zeit gekommen. Lt. Carlton bekam am 24.Februar einen Raketentreffer ins Heck der Maschine und gab den Befehl zum Aussteigen, da das Flugzeug nicht mehr zu steuern war. Drei Männer überlebten nicht und wurden im Wrack gefunden. Sie wurden auf den Friedhof von Bad Salzungen gebracht und später nach Luxemburg auf einen amerikanischen Soldatenfriedhof oder in die USA überführt. Die Überlebenden wurden bei Dermbach aufgegriffen und traten den Weg in die Gefangenschaft an.
Eberhard Hälbig
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