Ein Adressbuch 1927
 
 
Im Gemeindearchiv Mihla ist ein historisches Adreßbuch aus dem Jahre 1928 erhalten. Daraus lassen sich sehr interessante Aussagen entnehmen.
 
Zunächst wird unser Dorf Mihla wie folgt allgemein beschrieben: "Marktflecken an der Werra, Bahnstation, Postamt, 2100 Einwohner.
 
Bürgermeister ist Heinrich Märten, Stellvertreter (Beigeordneter) Heinrich Meyfarth, Gemeinderechnungsführer Christoph Cott, Standesbeamter Heinrich Meyfarth, Friedensrichter
Heinrich Böhnhardt, Tischlermeister.
 
Es gibt eine Polizeistation, Oberwachtmeister Stammberger. Postverwalter ist Hugo Probst, Pfarrer Adolf Kötschau,. Schulleiter Oberlehrer Alexander Fischer."
 
Als im Ort tätige Vereine werden aufgeführt: Wehr- Verein, Militärverein, Kriegerverein, Männergesangsverein, Liedertafel, Sportclub 1912, Turnverein Mihla, Deutsche Turnerschaft Mihla, Schwimmverein, Radfahrclub 1920, Schützenverein. Das waren 11 Vereine, für die damalige Zeit recht viel, wenn man bedenkt, daß es gegenwärtig 19 Vereine in Mihla gibt. Hinzu kam noch der "Werratalverein; Ortsgruppe Mihla".
 
Zurück zum Adreßbuch. Auf den nachfolgenden Seiten werden alle Hausbesitzer in Mihla in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt, wobei besonders auffällig ist, daß die Straßen damals durchnumeriert waren, es also fortlaufende Hausnummern gab. Interessant sind auch die jeweils angefügten Berufsbezeichnungen, die für Familienforscher sicher bedeutsam sind.
 
So ist z.B. als Besitzer des Roten Schlosses August Sickmann als Betriebsleiter eingetragen, das Rote Schloß trug die Hausnummer 310.
 
Der Polizeioberwachtmeister Gottlieb Stammberger wohnte in der Marktstraße 227.
Polizeidiener war Adam Brandt.
 
Die Lehrerwohnung in der Marktstraße 233 beherbergte gleich mehrere Mihlaer Lehrer. Dort wohnten 1928 Lehrer Arnold, Schulleiter Alexander Fischer, und Lehrer Karl Göpel (späteres "Landambulatorium"), Lehrer Jaschke wohnte in der Marktstraße 162 und Lehrer Mohr in der Marktstraße 228. Die ebenfalls bekannte Lehrerin Frau Hoßfeld ist "Hinter dem Brauhaus" 38 eingetragen. Lehrer Georg Wiedemann wohnte in der Bahnhofstraße 340.
 
Ärzte gab es gleich mehrere. Einmal "Chirurg" Julius Gröbig, der in der Bachstraße 17 wohnte.
Dr. Evers, bei den Mihlaern sehr beliebt und bereits seit vielen Jahren niedergelassen, wohnte in der Schornstraße 358. Neu war Dr. Julius Köhler, der seine Praxis in der Neustadtstraße 58 betrieb.
 
Als Friseure werden Karl Bauer in der Eisfeldstraße 288 und Georg Botzum in der Neustadtstraße 51 aufgezählt.
 
Adam Merten betrieb die Gastwirtschaft "Zur Erholung", Otto Suchsland den "Mohren", die Witwe Lina Trabert ihre Gastwirtschaft in der Marktstraße, Christoph Böhnhardt die Wirtschaft in der Schloßgasse 23. Gustav Engelhardt war Wirt in der "Goldenen Aue" und Christoph Nowatzky, im Adreßbuch als Kaufmann für seinen Laden in der Pfarrmünsterstraße 294 eingetragen, war Wirt im "Werrablick". Ein Josef Nölkersmayer betrieb die Bahnhofswirtschaft.
 
Als Bäcker werden genannt: Emil Rupprecht, Bäckerei in der Schäfereigasse, Gottfried und Heinrich Wuth, Bäckerei in der Münsterstraße. Emil und Gottlieb Schuchardt bewirtschaften die Bäckerei "Im Winkel".
 
Bruno Schönebeck ist Pächter der Molkerei bei der "Ziegelhütten" und Heinrich Zipf betreibt eine Sattlerwerkstatt in der Neustadtstraße. Frau Dr. Else Mahr ist als Eigentümerin des Elektrizitätswerkes in der Mühlgasse eingetragen.
 
Die "Abdeckerei" auf dem "Hexentanzplatz"betrieb ein Herr Robert Hirsch, die dortigen Gebäude trugen die Hausnummer Neustadtstraße 56.
 
Interessant, wie viele "Zigarrenmeister" im Adreßbuch eingetragen sind! Allein 51 Familienväter verdienen so den Lebensunterhalt, wesentlich mehr Frauen waren in den Betrieben beschäftigt.
 
Auch die Bahn brachte Arbeitsplätze. Insgesamt sind über 10 Mihlaer als Schaffner, Streckenwärter und Schrankenwärter bei der Bahn beschäftigt, Herr Heinrich Freitag ist der Bahnhofvorsteher.
 
Soweit zu einigen "Persönlichkeiten" dieser Jahre. Im Mihlaer Abschnitt des Adreßbuches sind auch zwei Werbeanzeigen enthalten. So wirbt die Dampfziegelei Rotes Schloß (gegründet im Jahre 1900) für ihre Produkte, nämlich Falzziegeln, Firsten- und Walm- Ziegeln, Turm-, Graf- und Kehl- Ziegeln in naturroter Farbe, Steinmaterial aller Art, Drainage- Material u.a.
 
Die Steinmetzfirma E. U. W. Schlothauer, Steinmetzgeschäft und Bildhauerei, wirbt für Thüringer Muschelkalkstein aus eigenen Brüchen für Fassaden, Grab- und Kriegerdenkmäler.