Wovon alte Plattenfotografien berichten können…Vom Bau der Eisenbahnlinie Eisenach-Creuzburg-Mihla-Treffurt im Jahre 1906 

Mehrere alte Plattenfotografien liegen vor mir. Diese damals nach dem neuesten Stand der Fototechnik hergestellten Aufnahmen sind hoch aufgelöst und von hervorragender Qualität. Beide Fotos wurden in den Jahren 1906 und 1907 in Mihla aufgenommen, als damals der Bau der Eisenbahnlinie Eisenach-Treffurt vorangetrieben wurde. Sie zeigen den Bau der Mihlaer Werrabrücke. 

Es hatte Jahrzehnte gedauert, ehe der Bau begonnen werden konnte. Unzählige Schwierigkeiten, vor allem drei Landesherren, die hinsichtlich der Streckenführung gefragt werden mussten, Bauern, die ihre Grundstücke nicht hergeben wollten und Gemeinden, die um einen Bahnhof kämpften… Vor allem der Preußischen Regierung ist es zu danken, dass der Bau beginnen konnte. 

Im Frühsommer des Jahres 1906 war es dann soweit. Die Bauarbeiten begannen tatsächlich, nachdem der Versuch der Gemeinde Mihla trotz des doppelten Brückenbaus auch noch eine Straßenbrücke über die Werra im Rahmen des Projektes durch den Staat finanziert zu bekommen, endgültig abgelehnt worden war.  Dafür erhielt Mihla den Sitz des Baubüros, welches alsbald in der neuen „Carl-Alexander“- Schule in der Marktstraße eingerichtet wurde.

(Das sollte sich später als „Glücksfall“ erweisen, denn alle Konstruktionspläne der Bahnhofsgebäude und der Streckenführung verblieben in Mihla und wurden 2010 in einem alten Tresor im Mihlaer Rathaus entdeckt.) 

Der gesamte Bau war in vier Losen, jeweils für 7 Kilometer Streckenführung, ausgeschrieben, um so möglichst rasch und gleichzeitig bauen zu können. Für die reine Bauzeit waren 15 Monate veranschlagt, mit der Inbetriebnahme der Gesamtstrecke wurde für Oktober 1907 gerechnet. 

Nachdem erste Bauarbeiten am Bahnhof Treffurt starteten - hier wurde neben einem neuen Beamtenwohnhaus der Wasserturm und Lokomotivschuppen mit Drehscheibe begonnen - erfolgte die Aufschüttung des zukünftigen Bahndammes gleich neben der Werra in Richtung Falken. Eine kleine Arbeitslok beförderte Kipploren, die den benötigten Kies für den Bahndamm bis zur Verarbeitungsstelle transportierten. Etwa 300 Arbeiter waren im Herbst 1906 täglich am Bahnbau zwischen Treffurt und Falken beschäftigt. 

Gebaut wurde auch im Bereich des zukünftigen Anschlusses an die Hauptbahn bei Hörschel. Hier hatten sich Planer und Landesregierung darauf geeinigt, in der Spierau unterhalb des Kielforstes unweit des kleinen Werradorfes Wartha einen neuen Bahnhof anzulegen. Dadurch entfiel der ursprünglich bei Hörschel vorgesehene große Umschlagbahnhof. Mit der Anlage des Kopfbahnhofes Wartha konnte man eine weitere Werrabrücke sparen, nahm dafür aber in Kauf, dass alle Züge in Wartha umgespannt werden mussten. 

Im Herbst des Jahres 1906 wurde intensiv am Abschnitt zwischen Buchenau und Mihla und in der Fortführung der Strecke im Abschnitt bis Frankenroda gearbeitet. Dabei mussten besondere Schwierigkeiten überwunden werden. Die Bahnstrecke verlief zwischen Buchenau und Mihla am Hang des Lienigs in direkter Nähe zur Werra. Mit dem Aufkommen des Herbsthochwassers musste der Bau immer wieder unterbrochen werden, das Gleiche betraf den Abschnitt gegenüber Ebenshausen unterhalb des Sandholzes. Hier waren auch Sprengungen notwendig, um anstehendes Gestein zu beseitigen. Die Bauarbeiten wurden durch einen schneereichen Winter nur kurz unterbrochen. Die Eile der Arbeiten hatten jedoch Folgen: In den nachfolgenden Betriebsjahren rutschte gerade am Lienig immer wieder der Bahndamm ab, der eigentlich nie die richtige Festigkeit erhalten hatte; ein Grund für die Stilllegung der Strecke Ende der 60er Jahre! 


Herbst 1906: Die Arbeiten am Bau der Werrabrücke in Mihla haben begonnen. Gebaut wird am Mittelpfeiler. Links ist eine Werkslokomotive zu erkennen, die Kies für den Bahndamm heranbringt. Der Bau der Brücken muss für die Einwohner eine Sensation gewesen sein, denn immer sind auf den Bildern auch neugierige Zuschauer zu erkennen. 

Folgen wir einem Bericht der „Tagespost“ vom Oktober 1906: „Die Erdarbeiten am sogenannten „Lienig“, die die meisten Schwierigkeiten im Gefolge hatten, sind jetzt vollständig fertig gestellt. Die Werrabrücke zur Überführung der Strecke bei Ebenshausen ist fix und fertig. Mit der Brücke bei Mihla wurde vor kurzem begonnen. Hier herrscht ein äußerst lebhafter Betrieb, insbesondere ist seit der letzten Woche der schwere Dampfhammer Tag und Nacht in Tätigkeit, um die dichten Spundwände, welche zur Herstellung des Mittelwasserpfeilers notwendig sind, einzurammen. An dem Bahnbau in der hiesigen Gegend, welches Los Herrn Bauunternehmer J. Kopp aus Eltville am Rhein übertragen wurde und von welchem die Arbeiten auch ausgeführt werden, sind ca. 230 Arbeiter, ein Drittel Einheimische und zwei Drittel Ausländer, darunter Österreicher und Italiener, beschäftigt. 


Einige Wochen später ist der Bau der Pfeiler schon gut vorangeschritten. Im Hintergrund ist die zweite Baustelle am Viadukt zu erkennen. Links oberhalb des Mittelpfeilers steht die Versorgungsbaracke für die Arbeiter, die dann später auf dem Mihlaer Propel aufgestellt wurde und vielen Mihlaern noch als Turnhalle auf dem neuen Sportplatz im „Dorfgarten“ (heutiges Sportlerheim) gut bekannt ist. Vor dem linken Brückenkopf ist der verantwortliche Bauingenieur zu sehen. 

Die Oberleitung der gesamten 34 Kilometer langen Strecke von Treffurt bis Hörschel liegt in den Händen des Herrn Königlichen Bau- und Betriebsinspektors Bergmann, der in Mihla seinen provisorischen Wohnsitz hat. „Zurzeit werden auch die Ausführungen für die notwendigen Bahnhofsgebäude vergeben…“ 

Besonders aufwändig gestalteten sich die Arbeiten am „Viadukt“ gleich nach der Mihlaer Werrabrücke. Hier musste ebenfalls gesprengt werden. Dabei ereignete sich im Dezember 1906 ein schwerer Unfall, als eine Ladung zu früh detonierte und einen italienischen Arbeiter schwer verletzte. 

Über den Bau der Bahnhofsgebäude demnächst mehr. 

Lämmerhirt
- Ortschronist Mihla -