Wissenswert - Historische Erinnerungen: Flurnamen, Denkmäler und Bauwerke

Antoniusherberge: Eine alte Herberge, unweit des "Reckenbühls" an der alten Passstraße nach Nazza gelegen. Heute nur noch als Flurname bekannt, ebenso der unweit davon gelegene "Galgenhuber". An der einst belebten Passstraße über den Hainich richteten im Jahre 1568 Polizeiaufgebote der umliegenden Dörfer den räuberischen Wirt der Herberge, Paul Vischering hin, der am „Galgenhuber“, nur wenige Meter vom Standort der Herberge entfernt erhängt wurde. Er soll mehrere Reisende aus Habgier ermordet haben. Seit dieser Zeit verfielen die Gebäude.

Barbara-Hager-Stein: An dieser Stelle im Lotzengrund bei Nazza befand sich der Hinrichtungsplatz des Gerichtes der Burg Haineck. Im Jahre 1681 wurde die aus dem zum Amt Nazza gehörige Einwohnerin von Neukirchen, die Witwe Barbara Hager, nach erfolgten Prozess und Schuldspruch öffentlich verbrannt.

Rotes Schloss: Im Jahre 1581 durch eine Linie der Herren von Harstall auf älterer Wurzel, wahrscheinlich befand sich als Vorgängerbau des Schlosses an dieser Stelle ein Wirtschaftshof des Erzstiftes Mainz, im Renaissance-Fachwerkstil errichtet. Namensgebend wurden die rot bemalten Balken des aufwändigen Fachwerks… Bis 1895 im Besitz der Harstalls kamen Gebäude und Rittergut durch Versteigerung und Kauf in die Hände verschiedener Eigentümer, bis 1934 der NS-Staat die Gebäude erwarb. Im Schloss wurde zunächst eine SS-Sportführerschule und dann die zentrale Führerinnenschule des weiblichen Arbeitsdienstes des Gaus Thüringen eingerichtet. Von 1952 bis 2004 nutzte der Landkreis die Gebäude als Seniorenheim. 

Alter Steinbruch: Schon seit dem Mittelalter nutzen die Dörfer rund um den Hainich die zahlreichen Kalksteinvorkommen. Im Mihlaer Tal wurden gleich mehrere Steinbrüche durch die Gemeinde Mihla angelegt. Um 1900 erwarb das Mihlaer Baugeschäft Schlothauer, einer der größten Steinmetzbetriebe der Region, mehrere dieser Steinbrüche. Der „Alte Steinbruch“ am Eingang des Mihlaer Tales ist der größte und wurde bis nach dem 2. Weltkrieg betrieben.

Dreiherrensteine: An diesen Stellen, insgesamt soll es drei dieser Grenzsteine im Hainich geben, trafen drei verschiedene Landesterritorien aufeinander. Seit dem Jahre 1815 waren das:  Das Königreich Preußen, das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach (SWE)und das Herzogtum Sachsen-Gotha (HSG).

Der bekannteste Dreiherrenstein in der Nähe der Antoniusherberge.

Eschenborn: Altes Forsthaus rechts an der Straße Ebenau-Creuzburg am Waldrand gelegen, zur Gemeinde Ebenau gehörig. In den 60er Jahren abgebrochen. Heute künden noch eine beheizbare Wanderhütte, Fundamente und eine Brunnenanlage von der einstigen Wohnstätte.

Graues Schloss: Ursprünglich eine in der Werraniederung gelegene Wasserburg der „Herren von Mihla“ aus dem 13. Jahrhundert, seit 1535 durch die Mihlaer Linie der Familie von Harstall, die den Ort und den Rittersitz im Jahre 1436 erwarben, zum einzigen steinernen Renaissanceschloss in der Region umgebaut.

Hölzerkopfhaus: Eines der ältesten und schönsten Fachwerkhäuser in Mihla, am Ende der Mühlgasse gelegen. Vermutlich wohnten hier die Werramüller. Die Mühle lässt sich bis zum Jahre 1248 urkundlich zurückverfolgen. Das jetzige Gebäude wurde nach den Zerstörungen des 30jährigen Krieges auf den alten Fundamenten neu errichtet. Der damalige Besitzer. namens Hölzerkopf kam durch die Kriegswirren nach Mihla. Die Familie Hölzerkopf lebte in vier Generationen im Ort und um ihren Namen und die sehr seltenen hölzernen Masken an der Giebelseite des Hauses rankten sich bald zahlreiche Sagen, die alle mit dem Beruf der Besitzer, Jäger und Barbiere, in Zusammenhang stehen.

Das bekannte Mihlaer "Hölzerkopfhaus" mit seinen Masken, im jetzigen Zustand erbaut nach dem 30jährigen Krieg.

Hünengräber bei Scherbda: So werden mehrere Hügelgräber bei Scherbda und oberhalb von Freitagszella bezeichnet, die als Bodendenkmale ausgewiesen sind. Für unsere Vorfahren mussten eben „Hünen“ = Riesen diese Gräber angelegt haben. Tatsächlich entstanden sie in der Mittleren Bronzezeit (1600-1200 v. Chr.) Damals lebten Menschen, die Ackerbau und Viehzucht betrieben, auf den Höhenrücken entlang der Werra. Einer der Grabhügel oberhalb Freitagszellas wurde in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begraben. Dabei konnten zahlreiche Schmuckgegenstände gefunden werden.

Kindel: Eigentlich Künkel, großes Waldstück am östlichen Hainichrand. Hier richtete die Deutsche Wehrmacht einen großen Truppenübungsplatz und einen Notflugplatz ein. Beide Anlagen wurden nach dem 2. Weltkrieg durch die Sowjetischen Truppen übernommen und erst nach 1990 geräumt. Heute ist der Kindel eine der Kernzonen des Nationalparkes Hainich.

Liboriuskapelle: Die kleine gotische Wallfahrtskirche liegt direkt neben der steinernen Werrabrücke bei Creuzburg (um 1225), der ältesten steinernen Brücke nördlich des Mains.

Schon im 13. Jahrhundert war der Berghang oberhalb der Brücke (Flurbezeichnung „Wallstieg“) Ziel von Wallfahrten. Im Jahre 1499 errichtete man dann die heutige Kapelle, in der Liborius verehrt wurde. Dieser Heilige galt als Schutzheiliger bei Steinleiden und tatsächlich soll das nahe der Kapelle geförderte Wasser der späteren Saline Wilhelmglücksbrunnen Linderung bei solchen Leiden geschafft haben!

Nach der Reformation gingen die Wallfahrten rasch ein. In der Kapelle hielt übrigens 1523 der ehemalige Mönch Hisoldius die erste evangelische Predigt der Region!

Landtechnischer Anlagenbau (LTA) auf dem „Viehrasen“: Im Jahre 1919 erfolgte hier die erste Industriebebauung. Die Besitzer Wüstefeld und Kraft verlegten ihr Sägewerk aus dem Hainich (Standort „Altes Feld“) wegen des günstigen Bahnanschlusses zum „Viehrasen“. Nach dem 2. Weltkrieg entstand in den Gebäuden die erste Motoren- und Traktorenstation (MTS) der Region, aus der sich allmählich ein Betrieb für landtechnischen Anlagenbau entwickelte. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde dieser zum DDR-Kombinatsbetrieb und beschäftigte allein in Mihla etwa 300 Arbeitnehmer.

Nach der „Wende“ brach der osteuropäische Markt rasch zusammen. Das Werk wurde privatisiert. Heute arbeiten dort noch etwa 40 Beschäftigte.

Mihlberg: Eine der ältesten Siedlungen der Region (Namenswurzel Mihl - erinnert an die 775 beurkundete Siedlung „Milingen“, aus der sich später Creuzburg entwickelte. Der Name kann auch für Mihla kennzeichnend gewesen sein.

Die Siedlung bestand im Mittelalter aus drei Höfen und gehörte mit der Sorga, dem Eschenborn, Buchenau, Hahnhroda und Freitagszella zur Gemeinde Ebenau. Diese wurde 1946 in Buchenau umbenannt und 1995 nach Mihla eingemeindet.

Mihlberg selbst wurde in den 60er Jahren aufgelassen und liegt seither wüst.


Historisches Foto vom alten Mihlberg.

Rudolfs Au: In den 60er Jahren begannen die Natur- und Wanderfreunde Wilhelm Gräner und Rudolf Böttger aus Mihla im Mihlaer Tal Wanderwege anzulegen und Bänke aufzustellen. Ein Lieblingsplatz der beiden Urväter der Mihlaer Wanderbewegung waren Rudolfs Au, die Ausweitung des Mihlaer Tales kurz vor der Harstallswiese. Dort betrieb Rudolf Böttger in den Sommermonaten im Auftrage der LPG eine Tierhaltung. Von „Wilhelms Blick“, einem Aussichtspunkt am Rande des Tales, der vor Jahren durch den Mihlaer Heimatverein wieder begehbar gemacht wurde, bietet sich die schönste Aussicht in das Mihlaer Tal.

„Dr. Ernst Wiedemann Bad“ Mihla: Die Schwimmbewegung wurde in Mihla schon immer großgeschrieben. Das erste Bad entstand als Werrabad am linken Flussufer. Der Mihlaer Schwimmverein führte bis 1938 jährlich gut besuchte „Schwimmfahrten“ durch. 1940 wurde ein erstes Bad beim Neubau der Mihlaer Schule errichtet. Durch die Wasserverschmutzung war ein Baden in der Werra nicht mehr möglich.

In den 60er Jahren begann der Mihlaer Arzt Dr. Ernst Wiedemann gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Günther Nickol den Neubau eines Bades auf dem Sand voran zu treiben. Dem Engagement dieser beiden Mihlaern und der Unterstützung, die sie bei den Bewohnern Mihlas und der Nachbarorte erhielten, ist es zu danken, dass nach langer Bauzeit ausschließlich durch die Eigeninitiative 1973 das Mihlaer Bad eröffnen konnte.

Nach der grundhaften Sanierung in den 90er Jahren erhielt dann das Bad den Ehrennamen „Dr. Ernst Wiedemann“ Bad.

Blick auf das Sodawerk Buchenau, 30er Jahre letztes Jahrhundert.

Solvay- Werk Buchenau:  Die reichhaltigen Salzstöcke und Solevorkommen entlang der Werra waren bereits im Mittelalter bekannt (Wilhelmglücksbrunnen). Um 1900 kamen erste Überlegungen auf, die Sole auch zu industriellen Zwecken zu nutzen. Nach langer Anlaufzeit eröffnete 1927 in Buchenau eine moderne Sodafabrik, die über chemische Prozesse die Sole in Soda umwandelte.

Die Sodawerke, später der Firma Solvay-Bernburg, waren bis 1969 mit über 800 Beschäftigten der größte Arbeitgeber der Region. Das Werk erhielt bereits 1927 Bahnanschluss.

1969 wurde die Produktion eingestellt. Das Automobilwerk Eisenach (AWE) übernahm Teile des Werkes. Nach der „Wende“ wurde Buchenau als Altgewerbestandort saniert, eine neue Brücke gebaut. Heute sind auf dem ehemaligen Betriebsgelände neue Firmen mit über 200 Arbeitnehmern ansässig.


Sodawerk Buchenau, 60er Jahre.

Sorga: Einst eine Kleinsiedlung, die zur Gemeinde Ebenau gehörte. Der Name steht in Zusammenhang mit der einstigen Grenzlage und ist als Ortsname für solche Siedlungen typisch. Sorga hat mit der Wüstung Habichstal eine ältere Wurzel.

In den 60er Jahren mussten die beiden Wohngebäude einem Klärbecken der Sodawerke in Buchenau weichen. Heute erinnern nur noch einige Fundamente an den einstigen Wohnplatz.

Jörg Rödel, Wanderführer
Rainer Lämmerhirt, Ortschronist