Historisches – Inflation vor 100 Jahren

Unsere Leserin Frau Dorothea Raatz stieß unlängst in einer alten Zeitung auf eine Werbeanzeige. In dieser war eine Firma aus Mittweida in Sachsen für Sonder- Gedenkmünzen, die über „die Leiden der deutschen Bevölkerung“ während der Inflationszeit des Jahres 1923 erinnern.

Wann diese Werbung erschienen ist, lässt sich leider nicht erkennen, aber vermutlich nur wenige Jahre später.

Die Anzeige wird einen Platz im Mihlaer Museum finden. Vielen Dank an Frau Raatz!

Die Inflation ist nun gut 100 Jahre her. Um deutlich zu machen, wie schnell das damalige Geld nach dem 1. Weltkrieg wertlos wurde, einige Preisentwicklungen aus diesem Flugblatt zum „Nachdenken“:

Am 1. November 1923 kostete in Pfund Brot 3 Milliarden Mark, am 15. November bereits 80 Milliarden und am 1. Dezember, dem Höhepunkt dieser unvorstellbaren Entwicklung, 260 Milliarden Mark! Wohlgemeint, es handelt sich immer um ein gleiches Pfund Brot!

Oder 1 Pfund Fleisch entwickelte sich vom 1. November 1923 von 36 Milliarden Mark bis zum 1. Dezember, in nur vier Wochen, auf 3,2 Billionen Mark! Die meisten Menschen konnten mit diesen Zahlen kaum etwas anfangen.


Werbeprospekt für Gedenkmünzen, Deutschland, 30er Jahre, Museum Mihla, Leihgabe Frau Raatz.

Schwer hatten es die Biertrinker, denn ein Glas Bier kostete am 15. 11.1923 52 Milliarden Mark. Mit „Trinkgeld“ sah es da wohl schlecht aus.

Auf dem Höhepunkt der Inflation wurde eine Goldmark zu einer Billion Mark gehandelt.


50 Milliarden für einen Brief! Da überlegte man sich wohl das Briefeschreiben. Briefmarkenserie mit 200 Millionen, 500 Millionen, 20 Milliarden und 50 Milliarden, Höhepunkt der Inflation November 1923, Marken im Museum im Mihlaer Rathaus.

Wer damals die Post bedienen musste, hatte unwahrscheinliche Portogebühren zu zahlen. Die Briefmarke mit dem höchsten Wertaufdruck erschien im November 1923, sie zeigte einen Überdruck von 50 Milliarden Mark! Da fielen dann sicher auch die regelmäßigen Liebesbriefe aus!

Erst mit der Einführung der Rentenmark im Dezember 1923 stabilisierte sich die deutsche Währung wieder.

Rentenmark bedeutet nun nicht, dass die Rentner die Lasten der Inflation zu tragen hatten, nein, Sachwerte wie Immobilien der Industrie und Landwirtschaft, so auch der Reichsbahn, wurden zu Gunsten der neugegründeten Deutschen Rentenbank wurden zwangsweise mit Hypotheken und Grundschulden belegt.

Dadurch entstand erstmals wieder eine Deckung der Währung, wodurch mit dem Umtauschkurs von 1 Rentenmark = 1,1, Billionen Reichsmark wieder „normale“ Zahlen auf den Geldscheinen und Münzen erschienen.

Damit waren die Grundlagen für den langsamen wirtschaftlichen Aufschwung gelegt. Die „Goldenen 20er“ begannen, die aber nur sechs Jahre anhielten, ehe dann der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1919 in den USA diese und Europa und insbesondere Deutschland in den völligen Zusammenbruch rissen.

Das Trauma Inflation hat sich bis heute in den Köpfen der Menschen erhalten.

- Ortschronist Mihla -