Historisches - Die ersten Kirmesfeiern nach dem 2. Weltkrieg 

Die Kirmesfeiern wurden im Verlauf des 20. Jahrhunderts nur durch die Kriegsjahre unterbrochen. So fanden in den Jahren 1914 bis 1918 keine Feiern statt. Die letzte Kirmes vor dem 2. Weltkrieg wurde im Oktober 1938 gehalten. Im 2. Weltkrieg fanden viele ehemalige Kirmesburschen den Tod. Trotzdem gab es bereits 1945 Versuche, dieses Fest wieder zu beleben. Aber erst im Jahre 1947 erlaubten die sowjetischen Behörden die Durchführung der ersten Nachkriegskirmes. Allerdings war das Tragen von Uniformen nicht erlaubt und daher zogen die Husaren weiße Jacken an. Die Begeisterung war jedoch sehr groß, die Kirmesgesellschaft dieses Jahres unübersehbar! 

Ein Jahr später wagte man es, in den alten Uniformen, die gut versteckt das Kriegsende überlebt hatten, aufzutreten. Nur die Säbel waren verschwunden, denn die hatten bereits die Amerikaner als Besatzungsmacht eingefordert. Die alten Waffen waren wohl zu gefährlich! 

Der Vorstoß, 1948 in Uniform aufzureiten, führte zu erheblichen Verstimmungen bei der Obrigkeit. Uniformen galten in der sich entwickelnden DDR als verpönt, als „militaristischer Unfug“, den man bekämpfen musste. Daher kein Wunder, zur Kirmes 1949, im Gründungsjahr der DDR, ging es wieder mit weißen Jacken zur Kirmes, ebenso 1950 und letztmalig 1951. In diesem Jahr trugen die Husaren allerdings aus Protest bereits zu den weißen Jacken wieder die Husarentschakos.  

Herr Gerald Lämmerhirt aus Mihla hat nun in alten Unterlagen drei Hefter gefunden, in denen sein Vater Harry die damaligen Kirmespredigten mit Maschine aufgeschrieben hat. 

Es sind seine eigenen Kirmesreden, die er als Husar in den Jahren 1947, 48 und 49 gehalten hat. Ein äußerst interessanter Lesestoff, der über die damalige Situation kurz nach dem Krieg berichtet und deutlich macht, bei wem damals „vorgeritten“ wird. Sicher können diese „Kirmeshefte“ demnächst im Mihlaer Museum betrachtet werden, denn dort gibt es einen Extraraum zur Geschichte der Kirchweihfeiern. 

   
In den Unterlagen von Harry Lämmerhirt fanden sich auch diese beiden netten Fotos. Sie zeigen ihn mit einer unbekannten „Kirmesbraut“. Die Aufnahmen, die übrigens aufzeigen, dass es damals bereits Kinderuniformen und vielleicht sogar eine Kinderkirmes gab, entstanden Mitte der 30er Jahre im letzten Jahrhundert! 

Die erste Kirmes 1947 wurde mit großer Begeisterung gefeiert. Weit über 60 Pärchen fanden sich nach dem Krieg. Voller Spannung standen die Menschen damals auf dem Propel, dort, wo die Husaren nach alter Tradition politisch gefärbte Reden hielten und halten durften. So auch 1947: 

Hören wir einige Strophen der Morgenrede von Husar Harry Lämmerhirt: 

„Nach langer Zeit und altem Brauch

feiern wir in Mihl´ die Kirmes auch.

Seid mir gegrüßt, ihr lieben Gäste,

von fern und nah – die wir hier sehn aufs allerbeste!

 

Alte Sitten sterben lassen

ist nicht unser Zweck und Ziel

und so schallt durch unsere Gassen:

Kirmeszeit ist jetzt in Mihl´!

 

Schlechte Zeiten sind vergangen

Krieg, graue Not und Gefahr,

wer hätte heute nicht Verlangen

ein Fest zu feiern, wie´s in vergangnen Zeiten war!

 

Wo ist jetzt frohe Zeit zu finden

Im Vaterland, was man geteilt?

Wir warten auf den Tag, der kündet,

von rechten Frieden - Einigkeit!

….

 

Nun, in unseres Kreises Mitte

fehlt noch so mancher Kamerad,

harrt noch gefangen in fernen Landen

auf Rückkehr nach der Heimat grünen Pfad.

 

Viel Leben herrscht in unserem Orte.

Viel Menschen sind dazugekommen,

die aus ihrer Heimat fort,

Mihla hat sie aufgenommen.

 

Sollen nun in unserm Kreise

Eine neue Heimat finden,

sollen durch der Hände Fleiß

neue Existenz sich gründen.

 

Auch in unserer Burschen Runde

Ist so mancher mit dabei,

soll in unserem Kreis sich fühlen,

als ob er zu Hause sei…“ 

Diese acht Strophen der Morgenrede zeigen exemplarisch, wie nah die Kirmesschreiber im Herbst 1947 zur Stimmung in unseren Dörfern standen und wie wichtig ihnen das Fortbestehen der Kirmes war. 

Viele ehemalige Kirmesburschen sind im Krieg gefallen, viele Dutzend noch in Kriegsgefangenschaft, aber die Kirmes muss weitergehen. Angesprochen werden die Flüchtlinge aus den Ostgebieten, die damals im Ort untergebracht wurden und sogar zur ersten Kirmes mitreiten durften. Ein Beispiel der gelungenen Integration! 

Interessant auch, bei wem die Kirmesgesellschaft 1947 vorritt: 


Die drei Husaren des Jahres 1948 ritten erstmals wieder in Uniform, gegen den Willen der Behörden. Fotos von der Kirmes 1947 sind kaum vorhanden, da die Fotoapparate nach Kriegsende abgegeben werden mussten. Links Husar Harry Lämmerhirt, dann Rolf Andreß und Günther Nickol bei der Gesundheit für den Wirt des „Mohren“, Herrn Ammerschuber. Im Hintergrund ein Blick in Richtung Mihlaer Marktplatz. 

Bürgermeister Eisenträger, der Aue-Wirt Boeke, die „Schwänin“, Pauline Merten, Pfarrer Generich im Pfarrhaus (dabei dankte der Husar Herrn Pfarrer Hoffmann, der noch nicht in der Heimat weilte), Doktor Ernst Wiedemann, der Lederfabrikant Opitz (im späteren CPR-Kaufhaus), der zweite Arzt Dr. Langenhahn und der Gastwirt Ammerschuber im „Mohren“ bekamen eine Gesundheit und ein „Hoch“. 

Interessant die Worte zum „Schwan“: Die damalige Wirtin ging auf „Freiersfüßen“, der Husar reimte:

„Wieder stehen wir vor diesem Haus,

viel´ Leute gingen ein und aus,

manches hat sich auch gewendet,

doch wie das alles wohl noch endet?“

 

Zumindest diese Antwort, bezogen auf die Gastwirtschaft, können wir heute geben…

Vielen Dank an Gerald Lämmerhirt für Bilder und Kirmestexte!

 - Ortschronist Mihla -