1855 - Einmaliges Zensurenbuch wurde vom Schulleiter a. D. Uwe Schwanz an das Mihlaer Museum übergeben 

Kurz nach der Verabschiedung in den Ruhestand besuchte Uwe Schwanz das Mihlaer Rathaus. Er brachte ein überdickes Buch mit. Gefunden wurde dieses vor Jahren auf dem Dachboden der Schule und seitdem hatte es der Schulleiter gut behütet. 

Das hatte auch seinen Grund: Das Buch enthält die Zensuren aller Schülerjahrgänge der Mihlaer Schule, die von 1855 bis 1925 dort lernten! Eine wahre Sensation! 

Aber nicht nur das: Auch die jeweiligen Lehrer sind genau eingetragen, ihr Dienstalter, Lebensalter usw. Hinzu kommen häufige Angaben zu den Eltern der Kinder, meist der Vater genannt, oft aber auch die Mutter, meist dann, wenn sie die Kinder allein erzogen hat, Witwe war. 

Über beinahe drei Generationen ergibt sich so eine beinahe lückenlose Aufzählung der Mihlaer Einwohnerschaft. Interessant auch die Notengebung und der Fächerkanon, der unterrichtet wurde. Noch spannender lesen sich die Bemerkungen der verschiedenen Lehrer zum Verhalten der Schüler oder gar zu besonderen Eigenschaften. 

Aber zunächst der Fächerkanon und die Noten, die es damals gab: Bewertet wurden die Verhaltensnoten Fleiß, Aufmerksamkeit und Betragen. Als Fachnoten wurden Noten in den Fächern Katechismus, Biblische Geschichte, Lesen, Sprachlehre, Aufsatz, Schreiben, Rechnen, Raumlehre, Naturkunde, Erdkunde, Geschichte, Zeichnen, Singen und Turnen vergeben. 

Bis zum Jahre 1872 arbeiteten die Lehrer mit den Noten „1“, „2“ und „3“. 1873 kam die Note „4“ hinzu, 1876 gab es dann fünf Noten, wobei die Note „4“ „ziemlich befriedigend“ und „5“ nicht „befriedigend“ ausdrückte. 

Nun zu den Bemerkungen über die jeweiligen Schüler am Ende des Schuljahres, wir würden heute von Beurteilungen sprechen: Insbesondere Lehrer Caspar Leinhos arbeitete hiermit sehr intensiv und so lesen, wir dort, natürlich ohne den jeweiligen Familiennamen zu nennen, z. B. „ungezogen“, „den hat der Feind geschickt“, „nicht immer lebendig“, „sehr glaubhaft“, „ein herzlich guter Knabe“, aber auch „fühlt seine Schwäche“, „wird leicht mutlos“, „kommt nur langsam voran“, „ist zum Trotz geneigt“ oder „ist kein Freund vom Frühaufstehen“. Mit wenigen Worten ist es Lehrer Leinhos gelungen, ein kleines Charakterbild seiner Schüler zu zeichnen. 

Dieser Fund, der nach der Auswertung einen festen Platz im Museum erhalten wird (Danke an Uwe Schwanz!!!), bringt uns nun dazu, etwas über die damalige Schule und deren Lehrer zu berichten. 

Das Zensurenbuch setzt ein mit dem ersten Lehrer Caspar Leinhos. Dieser Lehrer unterrichtete 1855 seine Schüler noch im Gebäude der Knabenschule auf dem Markt. Lehrer Leinhos war damals bereits 56 Jahre und schon 32 Jahre im Schuldienst. 

Sein Kollege August Urban unterrichtete die Mädchen in einem Extra-Gebäude, unweit der Knabenschule, dort, wo später der Saal der Gastwirtshaft Stein, zuletzt Kino, stand. Zu dieser Zeit, 1855, war klar, dass diese uralten Gebäude dem heftigen Entwicklungsprozess jener Jahre nicht mehr genügen konnte. Die neue Zeit stellte höhere Anforderungen an den Ausbildungsstand der Schüler, dem ein Unterricht in einem Klassenraum in halb zerfallenen Gebäuden und mit 3 Lehrern insgesamt nicht mehr genügen konnte. Auch die Bereitstellung von Lehrerwohnungen war ein nie endendes Problem. 

Die Situation hätte nur durch einen großzügigen Schulneubau gelöst werden können. Aber gerade vor diesen Kosten schreckte der Gemeinderat immer wieder zurück und verschob das leidige Problem von Jahr zu Jahr. Nach dem Bericht der Eisenacher Zeitung von 1861 bedurfte es erst eines Besuches des Großherzogs 1860 im Ort und der dabei durchgeführten Schulbegehung, die mit dem Ausspruch „Laßt uns Schulen bauen!" endete, um den Plan Wirklichkeit werden zu lassen. 

Sicherlich war es nicht die im Bericht zugesagte großzügige Unterstützung durch die Regierung, die im Jahr 1861 Bürgermeister Heintz bewegt hatte, den Schulneubau zu beginnen (die Unterstützung war eigentlich nur moralischer Art), sondern vielmehr die bestehende Notwendigkeit und der Zufall, gerade in diesem Jahr durch günstigen Kauf billig in den Besitz eines Bauernhauses mit Scheune (heutige Ambulanz) zu kommen. Dass der so gepriesene Schulbau eigentlich nur ein Provisorium war, beweist die Tatsache, dass rund 36 Jahre später endgültig ein völliger Neubau erfolgte. 

Zunächst hatte man im Sommer 1861 die Scheune ausgebaut, wodurch 4 Unterrichtsräume entstanden (dieses Gebäude befand sich hinter der Torfahrt der heutigen Ambulanz direkt oberhalb der dortigen Befestigungsmauer). Im an der Straßenfront gelegenen Gebäude wurden 4 Lehrerwohnungen eingerichtet. 

Der Erfolg, verbunden mit der Neuanschaffung von Lehrerstellen und dem Dienstantritt junger und bei Eltern und Schülern beliebter Lehrer war zunächst ein recht bedeutender. Aber schon wenige Jahre später war klar, dass die „Bürgerschule" eben doch nur eine Notlösung war, dass der Platz noch immer nicht ausreichte. 

Schon 1895 sah sich der Rat nach einem Baugrund um. Bereits damals, unmittelbar nach dem Ankauf des „Roten Schlosses“, bot Professor Binzwanger die im Oberdorf gelegene Schäferei zum Kauf an. 

Zur Dorfobrigkeit zählte natürlich auch der eng an die Pfarrer gebundene Lehrer. Erstmals unterrichtete seit 1814 ein fachlich versierter Pädagoge die Mihlaer Jugend. Der aus Creuzburg stammende Knabenlehrer Johann Georg Wruge war von 1814 bis zu seinem Tode 1824 in Mihla tätig. Er wurde durch den Lehrer Bohl abgelöst. Bohl war nur vier Jahre tätig, dann wurde er, wegen „schlechten Lebenswandels", aus dem Dienst entlassen. Nähere Umstände sind nicht bekannt. 

Bis 1841 unterrichtete schließlich der Berkaer Lehrersohn Wuth, vordem am Eisenacher Gymnasium tätig, die Knaben. Während es bei der Besetzung der Stelle des Knabenschulmeisters häufig Probleme gab - erst mit Caspar Leinhos (Lehrer von 1841 bis 1871) zog wieder Beständigkeit ein - ist die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts geprägt durch das Wirken des 1792 in Eisenach geborenen August Urban, der von 1814 bis 1864, also 50 Jahre, Mädchenschulmeister in Mihla war. 

Beide Lehrer haben sich im Zensurenbuch verewigt. Lehrer Caspar Leinhos ging 1871 mit 68 Jahren in den Ruhestand. Neuer „Erster“ Lehrer wurde Johann Carl August Tyrolf. Bei seinem Dienstantritt stand er im 37sten Lebensjahr und hatte schon 12 Dienstjahre hinter sich. 

Tyrolf unterrichtete die Mihlaer Kinder bis zum Jahre 1888. Dann folgte ihm der junge Lehrer Reinhold Mohr, gerade 24 Jahre und mit vier Dienstjahren tatsächlich noch ein Anfänger. Er sollte jedoch bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts Lehrer in Mihla bleiben. 

Bis zum Jahre 1925 können wir seine Noten im Zensurenbuch verfolgen, dann bricht das Buch ab, eine Fortsetzung wurde leider nicht gefunden. 

Zuletzt kurz zu den Aufgaben und zur Bezahlung der Lehrer: Nach einer Verordnung von 1825 sollte dem Lehrer das Läuten sowie das Aufziehen und Stellen der Kirchturmuhr endlich abgenommen werden. Seit 1817 sollte der Schulmeister im Ernestinischen Sachsen einen jährlichen Mindestverdienst von 100 Talern erhalten. Die Arbeitsbedingungen der Mihlaer Lehrer zu dieser Zeit waren nicht leicht. In nur 2 Schulräumen unterrichteten beide Lehrer etwa 200 Kinder und das änderte sich in den nachfolgenden Jahren nur wenig! 

- Ortschronist Mihla -