Über den Namensträger des Mihlaer Freibades: Dr. Ernst Wiedemann

Zurzeit wird viel über das Mihlaer Freibad diskutiert. Mit dem Abschluss der grundlegenden Sanierung in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erhielt es durch die Gemeinde Mihla den Namen „Dr. Ernst Wiedemann Bad“ verliehen. Eine Gedenktafel kündet im Badbereich über das Wirken von Dr. Wiedemann, der als Begründer des Mihlaer Bades gilt. Beharrlich und mit viel Unterstützung aus der Region, vom damaligen Bürgermeister Günther Nickol, vielen Betrieben und Menschen, die Geldgaben und sich in tausenden freiwilligen Arbeitsstunden engagierten, wuchs das Bad gegen allen Widerstand und gegen die Materialknappheit der DDR. Gut sieben Jahre dauerte der Kampf, bis dann 1973 die feierliche Eröffnung anstand.

Den älteren Menschen der Region ist Dr. Wiedemann noch heute ein Begriff: Landarzt, mit seiner Frau zusammen immer im Einsatz, Geburtshelfer bei vielen heutigen Mihlaern und Nachbarn, immer mit seinem PKW Wartburg unterwegs, immer Geld für sein Ziel, ein Mihlaer Bad, sammelnd.

Jüngere Menschen kennen ihn nur noch vom Hörensagen. Daher heute einige biographische Notizen, die ich vor allem durch die freundliche Zuarbeit von Frau Professor Dr. Gudrun Wiedemann, eine Tochter der Arztfamilie, zusammenstellen konnte.  

Ernst Wiedemann wurde am 19. 12. 1909 in Creuzburg als Sohn von Auguste, geb. Klaus, und dem Creuzburger Kaufmann Bernhard Wiedemann geboren.

Aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen besuchte er das „Franziszeum“, ein Gymnasium in Zerbst, wo er bei einer Schwester seiner Mutter wohnte. Mit 19 Jahren schloss er die Schule mit dem Abitur und einer erfolgreichen Sprachausbildung für Französisch, Latein, Altgriechisch und Hebräisch ab.


Dr. Ernst Wiedemann bei der Eröffnung des Mihlaer Freibades 1973.

Nach dem Willen seines Vaters sollte Ernst Wiedemann das väterliche Geschäft am Creuzburger Markt, Polsterei und Sattlerei, übernehmen, aber auch auf Betreiben der Mutter schrieb sich der junge Mann für ein Medizinstudium in Halle und Göttingen ein. Dieses schloss er mit dem Staatsexamen ab und konnte bei Prof. Martius eine theoretische Dissertation mit dem Titel „Der 3 Männer Handgriff in der Geburtshilfe“ erfolgreich verteidigen.

Ein Anspruch des jungen Arztes war es immer, als Arzt nicht gut genug zu sein, weshalb er sich für fünf Jahre als Volontär in allen Fächern an der Göttinger Uniklinik, der Leipziger Uniklinik und in der größten Frauen- und Geburtsklinik Deutschlands in Dresden weiter ausbilden ließ. Danach wollte sich in seiner Geburtsstadt Creuzburg als praktischer Arzt niederlassen, was ihm jedoch aus verschiedenen Gründen verwehrt wurde.

Im benachbarten Mihla wurde die Niederlassung dann jedoch möglich. Am 1. 1. 1939 eröffnete er in Mihla seine Arztpraxis in dem Gebäude der ehemaligen Knabenschule neben der Kirche bzw. dem alten Spritzenhaus, dem heutigen Wohnhaus Vogt. In Mihla praktizierte er gemeinsam mit Dr. Langenhahn.

Aber schon am 1. 9. 1939 musste er die Praxis schließen und sofort in den Polen-, anschließend in den Frankreich- und dann in den Russlandfeldzug ziehen. Während eines Kurzurlaubs in Mihla lernte er Anfang 1941 die Medizinstudentin und Mitarbeiterin des Eisenacher Diakonissenhauses Elfriede, seine spätere Frau, kennen. Im Juni 1941 fand die Hochzeit statt, ehe Ernst Wiedemann in den Russlandfeldzug aufbrechen musste. Erkrankung am Flecktyphus, Lazarette, viel menschliches Leid, das waren die furchtbaren Erlebnisse und Eindrücke dieser Zeit.

Nach der Genesung diente Dr. Ernst Wiedemann als Oberstabsarzt der Reserve in der Eisenacher Kaserne, während Ehefrau Elfriede nach dem Erlangen des Staatsexamens als Assistenzärztin im Eisenacher Krankenhaus arbeitete.

Die letzten Kriegsjahre in Creuzburg, so berichtete Frau Professor Gudrun Wiedemann, waren furchtbar. Elfriede Wiedemann versorgte dort dann als Ärztin die Creuzburger Bevölkerung.

Nach Kriegsende eröffnete dann das Arztehepaar Wiedemann die ursprünglich bereits 1939 begründete Praxis in Mihla wieder. Was folgte, waren viele Jahre fürsorgliche Tätigkeit für die Patienten und natürlich auch heftige Auseinandersetzungen mit staatlichen Behörden. Immer ging es Dr. Wiedemann um das Wohl seiner Patienten.


Zwei Töchter von Familie Ernst Wiedemann anlässlich der Feier der 40sten Baderöffnung 2013 im Mihlaer Bad, Frau Dr. Elfriede Bratanow (links) und Frau Professor Dr. Susanne Kneist.

Die Ehe wurde mit sieben Kindern gesegnet, alle schon bald in hohen ärztlichen Würden. Auch wenn nach dem Ruhestand Mihla nicht mehr der Wohnort war, die Kontakte rissen nie ab, auch nicht durch die Kinder und inzwischen auch die Enkel, die bis heute aktiv das Mihlaer Bad mit den Namen des Vaters und Großvaters unterstützen und zu Jubiläen anwesend waren. Zuletzt wurden Kontakte mit Professor Dr. Kneist geknüpft, ein Sohn von Susanne Kneist, geborene Wiedemann, der seit kurzer Zeit als verantwortlicher Arzt in Eisenach arbeitet und lebt.

Am 15. 07. 1997 verstarb Dr. Ernst Wiedemann im hohen Alter, von seinen ehemaligen Patienten und deren Kindern nicht vergessen. 

Rainer Lämmerhirt
- Mitglied im Förderverein des Mihlaer Bades
Ortsteilbürgermeister Mihla -